Die einzig wahre Geschichte der Tarte Tatin

Die Geschichte der Tarte Tatin beginnt mit klein geschnittenen Äpfeln.
Die Tarte Tatin ist ein klassisches französisches Dessert. Berühmt wurde sie sicher, weil sie himmlisch gut schmeckt. Aber auch, weil die Geschichte dazu so einprägsam und die Herkunft der Tarte so recht zu dieser Geschichte passend ist.
Die Schwestern Stéphanie und Caroline Tatin
Ende des 19. Jahrhunderts lebten die Schwestern Stéphanie und Caroline Tatin in Lamotte-Beuvron, einem abgelegenen Ort in den Wäldern der Sologne tief im Herzen Frankreichs in der Département Loiret.
Stéphanie und Caroline Tartin.
Meist erzählt wird, dass die Tarte durch ein Missgeschick entstand, bei dem Stéphanie in der Eile des Tages die Äpfel ohne Teig in die Backform gegeben habe. Caroline, die die Gäste bediente, jedoch nie lange warten wollte und sehr ungehalten auf jegliche Verzögerung reagiert habe. Um das Dessert zu retten, habe Stéphanie den Teig einfach auf die Äpfel gelegt, statt umgekehrt und die Tarte «kopfüber» gebacken.
Doch dies ist nur die Geschichte für Mütter mit kleinen Kindern. In Wahrheit war es eine andere Begebenheit, die die Tarte entstehen ließ.

Die Tarte Tatin, ein Apfelkuchen verkehrt herum.
Es war ein milder Herbstnachmittag und frische Äpfel waren von einem Bauern geliefert worden und füllten die Küche von Stéphanie, sodass sie sich kaum drehen konnte.
Stéphanie bereitete die Apfelscheiben für den Nachtisch vor, als ein junger Offizier im Türrahmen auftauchte. Verlaufen hatte er sich wohl in der Küchentüre, doch an ein Umdrehen dachte er beim Anblick der fröhlichen Stéphanie nicht.
Antoine war ein Adeliger, kürzlich in die Garnison der Gegend abkommandiert, und ließ Stéphanie mit einem charmanten Lächeln erröten. «Mademoiselle Tatin,» sagte er und senkte seinen Blick, «ich habe von der Schönheit dieser Region gehört, doch nichts an diesen Wäldern scheint so bezaubernd zu sein wie Sie.»
Stéphanie, vollkommen überrumpelt, spürte, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug. Es gab nur grobe Bauernjungen in der Gegend und ein gut gekleideter, bildhübscher Offizier wäre ihr im Traum nicht erschienen. Und stand doch in der Türe.
Sie wollte antworten, doch seine Anwesenheit machte sie so nervös, dass sie fast die Äpfel aus den Händen fallen ließ. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, das Rezept für das Dessert wie ausgelöscht.
Um der Verlegenheit zu entkommen und den Nachtisch schnell fertigzustellen, warf sie hastig die Apfelscheiben in die Pfanne, fügte Zucker und Butter hinzu und bedeckte das Ganze in Eile mit Teig. Sie schob die Pfanne in den Ofen, ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden – alles, was sie jetzt wollte, war, ihre roten Wangen zu verbergen.
Doch was sie schließlich aus dem Ofen zog, war ein Wunder: eine glänzende, karamellisierte Apfeltarte, die köstlich duftete und in ihrer schlichten Schönheit glänzte. Die Gäste waren begeistert, und der Offizier, der das Dessert voller Bewunderung genoss, sah Stéphanie an und lächelte so herzlich, dass ihr Herz noch lange danach klopfte.
So wurde die Tarte Tatin geboren und die Gäste wollten nie mehr den originalen Kuchen.