WHO-Empfehlungen zum schadhaften Konsum von Alkohol
Ein Glas Wein für Frauen, zwei Gläser Wein für Männer galten lange als unbedenklich; Rotwein sogar als «gesund». Als französisches Paradoxon benannt: Weintrinker leben länger. Meine Mutter nuckelte tagelang an einer Flasche Wein: Zu einem kleinen Glas am Abend habe der Arzt geraten.
Wein ist gesund?
An der Empfehlung, dass Frauen ein Glas, Männer zwei am Tag trinken könnten und diese das Risiko mancher Krankheiten lindern, hat sich kaum jemand gestört. Mediziner vermutlich, denn Alkohol ist ursächlich und erwiesen verantwortlich für diverse schwere Schäden an der Gesundheit, die Wirkung einiger seiner Inhaltsstoffe hingegen nur vermutet und statistisch untermauert.
Zahlenklauberei
In den zitierten Studien zum positiven Effekt von Rotwein wurden Zahlen ausgewertet, wie Krankheitsbilder mit den Gewohnheiten der Testpersonen korrelieren.
Eine Überschneidung der Menschen, die weniger Herzkrankheiten hatten, trank etwas mehr Rotwein als eine andere Gruppe. Das klang gut für Weintrinker: Rotwein mit gutem Gewissen genießen zu können.
Korrelation beruht häufig nicht auf Kausalität und so wäre die Einschätzung der WHO, ein wenig Rotwein sei gut für die Gesundheit, eine Meldung gewesen und nicht die neuen strengen Empfehlungen.
Die Ursache der Studien und Empfehlungen zu Suchtverhalten
Ob jemand zum Essen Wein genießt, veranlasst die WHO zu keinen Studien. Die Schäden durch verbreitetes Suchtverhalten sind weltweit enorm: Drogen-, Fett-, Zucker-, Internet- und Spielsucht sind Ursache für große Schäden durch gesundheitlichen und sozialen Verfall von Teilen der Gesellschaften. Hinzu kommt die mangelnde Bewegung großer Teile der Weltbevölkerung.
Die Lösung wäre einfach. Es werden verboten: Fleisch, Zucker in Lebensmitteln, Alkohol und Cannabis, mehr als zwei Stunden am Tag zu sitzen oder auf einen Bildschirm zu schauen. Vorgeschrieben hingegen: alle halbe Stunde Kniebeugen und Dehnübungen.
Das ist aus praktischer Sicht offensichtlicher Unsinn und so suchte die WHO das Gespräch mit Regierungen und Verbänden, wie sinnvolle Empfehlungen für den Umgang mit dem Suchverhalten aussehen könnten.
Der große Graben
Im Jahr 2015 verließen über 20 Gesundheitsorganisationen dieses Forum, weil die Vertreter der industriellen Alkoholerzeugung den Boden offensichtlich überspannt hatten. Nur durch den Einfluss dieser Lobby ist die vorherige Empfehlung der WHO zu der positiven Wirkung von Alkohol in die Empfehlungen gelangt.
Die Finanzierung der WHO beruht nur zu 20% aus den verpflichtenden Mitgliedbeiträgen der Staaten, der Rest sind großteils zweckgebundene freiwillige Beiträge von Staaten, Stiftungen und NGOs.
Und damit einher geht die Kritik an der WHO durch die unterminierte Unabhängigkeit, wenn staatliche und nichtstaatliche Organisationen direkten Einfluss nehmen.
Seit 2025 sind die Abstinenzler am Zuge
Bei den Empfehlungen zum Alkohol stand die WHO bis 2015 vermutlich unter zu großem Einfluss der Alkoholindustrie, nach 2015 füllten diverse Anti-Alkohol-Organisationen diese Lücke bereitwillig und die Empfehlungen der WHO kennen keine Gnade mehr: Alkohol wenn schon nicht gänzlich verbieten, so über steuerliche Abgaben nur für vermögende erreichbar machen, Werbung verbieten etc.
Angesichts der Probleme durch den Missbrauch gerade in sich entwickelnden Ländern ist das zwar durchaus verständlich. Die ständige Verfügbarkeit von Alkohol und Drogen, die aggressive Werbung bei Sport und öffentlichen Veranstaltungen weltweit sind im Fokus der Empfehlungen.
Die mangelnde Unabhängigkeit als Kritik
Unabhängig zustande gekommen sind die neueren Empfehlungen der WHO jedoch ebenso wenig wie zuvor. Das Aufbauen von Maximalpositionen erschwert immer einen sinnvollen Dialog.
Der neue Weg, den diese Organisationen über die WHO umsetzten, kommt den Kniebeugen und «alles verbieten» recht nahe.
Eher unglücklich ist die enge Zusammenarbeit mit Movendi International. Es ist eine Vereinigung von Menschen, die gewissermaßen ein invertiertes Alkoholproblem haben, da sie ihn obsessiv bekämpfen. Das wäre nun Privatsache, finanzierte die WHO nicht diese Organisation für die PR gegen den Alkoholkonsum und sie schriebe nicht eifrig mit bei den Empfehlungen. Genau dies ist jedoch der Fall.
Der Konsum von Alkohol wird an einigen Stellen grundsätzlich mit dem Anstieg der Kriminalitätsrate, Aids, schweren Krankheiten und dem Verlust der Selbstkontrolle gleichgesetzt und diese Stellen werden gerne von Movendi International zitiert - und vermutlich auch so geschrieben.
Während an anderen Stellen der über 300 Seiten differenziert und medizinisch evidenzbasiert argumentiert wird.
Klickköder
Die Empfehlungen der WHO sind eher unbedeutend. Weder die ebenso kritischen Empfehlungen zur Fettleibigkeit noch die zur Internet- und Spielsucht haben Gesundheitsapostel auf den Plan gerufen.
Man kann schlecht auf Instagram posten, wie lange man schon auf Instagram verzichtet. Verzicht auf Alkohol und Verzicht auf Sex (Mitte 2025 die neue Sau im Dorf) bringen da schon mehr Klicks.

Viele Klicks, viele Werbeeinnahmen und das beworbene Buch verkauft sich blendend. «Dry January» ist auch ein Klickköder: Es klicken viele und die Werbung läuft.
Was hat die WHO eigentlich geschrieben?
Das Original der WHO wurde federführend erstellt von Vladimir Poznyak, einem sympathischen Herrn, der sich um die Reduktion der Schäden durch Drogen, Alkohol, Missbrauch des Internets und Spielsucht beschäftigt. Hier kann man ihm ein wenig zuhören und schauen.
Die weltweiten Folgen sind enorm, besonders in weniger entwickelten Ländern, weil dort die Folgen nicht so gut abgefangen werden können wie in Suchkliniken mit angeschlossenem Wellnessbereich.
Jedoch unterscheidet die WHO zwischen grundsätzlichem Konsum von Alkohol und dem schädlichen Ausmaß. Diese medizinische Einschätzung ist vermutlich seit vielen Jahrzehnten gleich geblieben: es gibt keinen risikofreien Konsum von Alkohol. Bis zu einer Menge von einem Glas am Tag für Frauen und zwei für Männer ist das Risiko jedoch eher klein.