Alkoholfreier Wein

Letztlich ist alkoholfreier Wein kein Ersatz für klassischen Wein, sondern eine Alternative als Begleitung zu einem Essen, wenn Wein nicht möglich ist.

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Alkoholfreier Wein

Herstellung, Verfahren und ... wie schmeckt er?

Weinberg und Lese: Grundlage für Qualität

Auch alkoholfreie Weine beginnen im Weinberg. Da der Alkohol aus der Gärung des Zuckers in den Trauben entsteht, achten Winzer bereits bei der Arbeit mit den Reben auf Maßnahmen, die zu einem möglichst moderaten Zuckergehalt führen. Dazu gehört eine gezielte Laubarbeit, das Vermeiden von Überreife, eine frühere Lese und nicht selten der Anbau in höher gelegenen, kühleren Lagen.

Ziel ist es, gesunde, aromatische Trauben mit balancierter Säure und moderatem Zuckergehalt zu ernten, damit der spätere Alkoholgehalt reduziert bleibt und die Ausgangsweine für die Entalkoholisierung möglichst frisch und sortentypisch ausfallen.

Verfahren der Entalkoholisierung

Nach der Gärung wird dem Wein der Alkohol entzogen. Dabei gibt es mehrere technische Verfahren:

  • Vakuumdestillation: Unter reduziertem Druck verdampft Ethanol bereits bei rund 30 °C. Die Aromen werden vorab abgeschieden und nach der Entfernung des Alkohols wieder zugegeben. Dennoch gehen viele flüchtige Verbindungen verloren.
  • Umkehrosmose: Der Wein wird durch eine Membran gepresst, wobei Wasser, Alkohol und kleine Moleküle separiert und später rekombiniert werden. Diese Methode ist aromaschonender, jedoch technisch aufwendig.
  • Schleuderkegelkolonne: Dieses Verfahren ist besonders aromaschonend. Der Wein läuft als dünner Film über rotierende Konen in einem Vakuum, wobei durch Zentrifugalkraft und Temperaturkontrolle zunächst die Aromen, dann der Alkohol entfernt und anschließend die Aromen wieder zugegeben werden. Der technische Aufwand ist hoch, jedoch für hochwertige Produkte geeignet.

Verlust von Aromastoffen

Das zentrale Problem bei der Entalkoholisierung ist der Verlust flüchtiger Aromastoffe. Diese umfassen Ester, organische Säuren, Terpene, Phenole, Lactone und höhere Alkohole. Studien zeigen, dass bei der Umkehrosmose zwischen 78 % und 92 % der Ester und 73 % bis 91 % der organischen Säuren verloren gehen. Die meistens verwendete Vakuumdestillation schneidet noch schlechter ab.

Der Grund für diesen Unterschied sind die größeren Unterschiede der osmotischen Drücke von Alkohol und den Aromen, während die Temperatur, bei der Alkohol und die Aromen verdampfen und kondensieren, sehr eng beieinander liegen. Daher ist die Trennung von Aromen und Alkohol durch Umkehrosmose effektiver, aber auch deutlich aufwändiger, also teurer.

Strategien zur Aromarückgewinnung

Da das Hinzufügen fremder Aromastoffe in der EU verboten ist, dürfen nur zuvor aus dem Wein gewonnene Aromen wieder zugesetzt werden. Neben der Rückführung dieser Stoffe gibt es weitere Möglichkeiten:

  • Eichenholzchips: Diese geben vanilleartige Noten ab, da flüchtige Phenole beim Toasten entstehen.
  • Süßreserve: Ungäriger Most bringt Zucker und Aromavorstufen mit sich. Besonders Linalool, ein blumiger Aromastoff, kann durch enzymatische Zugabe (z. B. ß-Glucosidase) freigesetzt werden.
  • Schalenextraktion: In den Schalen befinden sich nicht flüchtige Aromavorstufen, die nachträglich durch Enzyme aktiviert werden können.

Sensorische Wahrnehmung

Der fehlende Alkohol verändert nicht nur den Geschmack, sondern auch das Mundgefühl. Ethanol balanciert Säure, maskiert Bitterstoffe und trägt zur Viskosität bei. Sensorische Tests zeigen, dass Weine mit weniger als 2,8 % Alkohol oft als unausgewogen wahrgenommen werden, selbst wenn sie analytisch weniger sauer sind als ihre alkoholischen Pendants. Die Adstringenz wird stärker empfunden, wenn Alkohol fehlt.

Die Schäfte des Alkohls wird vom Trigeminusnerv empfunden - wie Chili etwa auch. Auch dieser fehlende Reiz fehlt bei einem alkoholfreien Wein, unabhängig davon, wie oder welche sonstigen Aromen zurückgewonnen werden konnten.

Klassifikation und Kennzeichnung

Laut EU-Verordnung gilt ein Produkt unter 0,5 % vol als alkoholfrei. Zwischen 0,5 % und 8,5 % vol spricht man von alkoholreduziertem Wein. Produkte mit 0,0 % vol, die nicht aus vergorenem Wein stammen, dürfen nicht als Wein bezeichnet werden.

Macht alkoholfreier Wein Sinn?

Alkoholfreier Wein ist ein technisch anspruchsvolles Produkt. Vom Weinberg bis zur Entalkoholisierung sind gezielte Maßnahmen notwendig, um Qualität zu sichern. Der Entzug von Ethanol bedeutet immer auch den Verlust von Aromakomponenten und sensorischer Struktur.

Letztlich ist alkoholfreier Wein kein Ersatz für klassischen Wein, sondern eine Alternative als Begleitung zu einem Essen, wenn Wein nicht möglich ist.

Ist Traubensaft mit enthalten?

Einen großen Unterschied macht es zudem, ob ein Anteil von rund 2% Traubensaft der Originaltraube des Weines zugefügt wurde, wie es etwa bei den Divin Weinen der Fall ist. Die Süße ist dann fast nicht wahrnehmbar, ein deutliches Traubenaroma hingegen sehr wohl.

Diese Weine bieten ein weit größeres Weingefühl als Weine, die «nur» entalkoholisiert wurden.

Gastronomisch ist Wasser die einzig neutrale Alternative zu Wein, da sonstige Getränke wie aromatisch aufgepeppte Weine, Tees, aufgesprudelte Kräuterauszüge fast durchgängig süß sind und würzige Aromen enthalten, die mit dem Essen im Wettbewerb stehen.

Wer überhaupt keinen Alkohol mag,

dürfte kaum einen Grund haben, relativ teuren entalkoholisierten Wein zu trinken, sondern bleibt bei völlig anderen Getränken.

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