Entstehung, Wirkung ... und was sind Thiole?
Mercaptane, auch als Thiole bezeichnet, gehören zu einer Gruppe schwefelhaltiger organischer Verbindungen, die im Wein eine besondere Rolle spielen können – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Chemisch betrachtet sind Mercaptane aliphatische oder aromatische Verbindungen mit einer funktionellen SH-Gruppe (Sulfhydrylgruppe), die in ihrer Struktur einem Alkohol ähneln, jedoch statt einer OH- eine SH-Gruppe tragen.
Thiole und Mercaptane – was ist der Unterschied?
Beide Begriffe bezeichnen dieselbe Stoffklasse: organische Verbindungen, die eine Sulfhydrylgruppe (–SH) enthalten. Chemisch korrekt heißt diese Stoffklasse Thiole. Der Begriff Mercaptan ist ein älterer, vor allem im industriellen oder sensorischen Zusammenhang gebräuchlicher Name.
Begriffserklärung
- Thiole sind organische Moleküle mit einer funktionellen Gruppe –SH, analog zu den Alkoholen (–OH), nur mit Schwefel statt Sauerstoff. Beispiel: Ethanthiol (CH₃–CH₂–SH).
- Mercaptane ist ein historischer Begriff. Er stammt vom lateinischen mercurium captans («Quecksilber fangend»), weil diese Verbindungen Quecksilber-Ionen stark binden können.
Herkunft und Entstehung im Wein
Mercaptane entstehen im Wein primär durch die Reduktion schwefelhaltiger Aminosäuren wie Cystein während der Gärung oder in reduktiven Kellereibedingungen. Sie können auch durch mikrobielle Aktivität (Hefen oder Bakterien) entstehen, insbesondere unter Sauerstoffausschluss oder bei Stickstoffmangel der Hefe.
Sensorische Wirkung
Je nach Verbindung können Mercaptane sowohl positive als auch fehlerhafte Aromen verursachen:
- Angenehme Noten: Einige Mercaptane wie 3-Mercaptohexanol oder 3-Mercaptohexylacetat tragen im Sauvignon Blanc oder Verdejo zu Aromen wie Stachelbeere, Passionsfrucht oder schwarzer Johannisbeere bei.
- Fehlaromen: Andere Mercaptane wie Ethanthiol oder Methanthiol werden als unangenehm wahrgenommen. Sie erinnern an faules Gemüse, verbrannten Gummi, Knoblauch, Zwiebeln oder Katzenurin.
Vermeidung und Kontrolle im Keller
Der Winzer kann durch verschiedene Maßnahmen im Keller Einfluss auf die Bildung und Ausprägung von Mercaptanen nehmen:
- Gärführung mit ausreichender Nährstoffversorgung der Hefe, um Stickstoffmangel zu vermeiden.
- Sauerstoffmanagement: Gezielte Belüftung kann eine übermäßige Reduktion verhindern.
- Kupferbehandlung (bei Fehlaromen) – Kupferionen reagieren mit den SH-Gruppen und bilden geruchsneutrale Verbindungen.
- Hefelagerung unter kontrollierten Bedingungen (z. B. Batonnage mit Frischhefe), um reduktiven Schwefelverbindungen vorzubeugen.
Weitere Informationen zu den gewünschten Aromen in Weißweinen, die auf dieser Verbindungsklasse basieren, finden sich im Lexikonartikel zu Thiolen.