Aus der Pflanze, aus der Gärung, bei der Reife
Kein Mensch kann jede Duftnuance exakt zuordnen und man muss es auch nicht so genau wissen. Es hilft und macht Freude, etwas genauer zu verstehen, wie die Aromen in einem Wein entstehen und wie sie sich in etwa unterscheiden.
Man entwickelt ein besseres Verständnis, was aus der Traube kommt (primär), ob bei der Gärung zu viel «Gas» gegeben wurde (sekundär), oder der auf den ersten Eindruck «fette» Wein nur ein dünnes Weinchen ist, der durch intensiven Holzkontakt beim Ausbau parfümiert wurde. (tertiär)
Weinaromen genießen
Dieser Artikel konzentriert sich auf die Herkunft von Aromen und wie sie gebildet werden. Eine Beschreibung der Weinaromen für Leute, die eher wissen möchten, wie ihr Wein duftet, gibt es auch.Primäraromen im Wein: direkt aus der Beere
So wie ein Apfel nach einem Apfel riecht und eine Erdbeere nach Erdbeere, durftet eine Beere Sauvignon Blanc im Weinberg eben wie ein Sauvignon. Und jede andere Rebsorte hat auch ihre typischen Aromen. Diese Aromen sind die primären Aromen. stammen direkt von der Traube und sind in den Schalen, dem Fruchtfleisch und dem Saft enthalten.
Solche Aromen findet man auch im Wein, allerdings werden sie stark von den sekundären Aromen überlagert - den Aromen aus der Gärung. Daher ist es besonders spannend, solche primären Aromen, das Typische einer Rebsorte in einem Wein zu erspüren.
Einflussfaktoren auf Primäraromen
So wie Erdbeeren in Zeiten von viel Regen kaum Aroma entfalten, sind auch Primäraromen von den Bedingungen geprägt, die der Rebe im Weinberg zur Verfügung stehen.
Klima
Kühlere Klimazonen führen oft zu Weinen mit höheren Säuregehalten und frischen, lebendigen Fruchtaromen. In wärmeren Klimazonen, besonders bei langer Sonnenscheindauer im Jahr, entwickeln sich eher reife, fruchtbetonte Aromen, doch es fehlt die Säure. Säure ist zwar ein Geschmack und kein Aroma (sie wird mit der Zunge wahrgenommen, nicht mit der Nase wie die Aromen) doch ist die Säure für die Balance im Wein entscheidend.
Boden
Den Wurzeln der Reben stehen in unterschiedlichen Böden völlig verschiedene Bedingungen zur Verfügung. Manche sind reich an Mineralien, Nährstoffen. Sie speichern gut Wasser oder lassen es versickern. In den Spalten von Schiefer können die Wurzeln tief vordringen, durch Ton hingegen nur schwer.
Kalkhaltige Böden:
Böden, die Kalk enthalten, speichern Wasser gut und sorgen für eine gleichmäßige Wasserversorgung der Reben.Sie fördern die Entwicklung von mineralischen Noten und können bei Weißweinen wie Chardonnay zu einer feinen Säurestruktur und Aromen von grünen Äpfeln und Zitrusfrüchten beitragen. Reiner Kalk hingegen lässt Wasser spurlos verschwinden.
Schieferböden:
Diese Böden speichern Wärme und geben sie nachts an die Reben ab, was die Reifung fördert. Bei Rotweinen wie Pinot Noir können Schieferböden zu komplexen Aromen von roten Beeren und einer würzigen Mineralität führen.
Anbaubedingungen
Winzer können durch verschiedene Anbaumaßnahmen die Primäraromen beeinflussen
Ertragsreduzierung
Durch das gezielte Reduzieren des Ertrags pro Rebe, also dem Herausschneiden von Trauben, erhöhen Winzer die Konzentration der Aromen in den verbleibenden Trauben. Weniger Trauben pro Rebe bedeuten, dass die Pflanze mehr Nährstoffe und Energie in die verbleibenden Trauben steckt, was zu intensiveren und komplexeren Aromen führt.
Laubarbeit
Die Laubarbeit umfasst das gezielte Entfernen von Blättern im Traubenzone, um die Belüftung und Sonneneinstrahlung zu optimieren. Dies fördert die Gesundheit der Trauben und die Entwicklung von Aromen. Durch das Entfernen von Blättern kann auch die Photosynthese der Pflanze verbessert werden, was zu einer besseren Aromenbildung in den Trauben führt.
Lesezeitpunkt
Der Zeitpunkt der Ernte hat einen großen Einfluss auf die Aromen der Trauben. Frühe Ernte führt zu frischen, säurebetonten Weinen mit fruchtigen Aromen, während eine späte Ernte reifere, süßere Aromen hervorbringt. Winzer müssen den optimalen Erntezeitpunkt sorgfältig wählen, um das gewünschte Aromenprofil zu erreichen.
Wasserstress
Durch kontrollierten Wasserstress können Winzer die Aromenkonzentration in den Trauben erhöhen. Wasserstress führt dazu, dass die Reben weniger Wasser aufnehmen, was die Konzentration von Zucker und Aromastoffen in den Trauben erhöht. Dies kann zu intensiveren und komplexeren Aromen führen.
Typische Moleküle primärer Weinaromen
Primäraromen im Wein stammen direkt aus den Trauben und sind bereits vor der Gärung vorhanden. Diese Aromen sind das Ergebnis von Verbindungen, die in der Traubenschale, im Fruchtfleisch und im Saft enthalten sind.
Terpene
- Linalool: Dies ist ein häufiges Terpen, das für blumige Aromen verantwortlich ist, wie z.B. Lavendel und Zitrusblüten. Es ist besonders in Rebsorten wie Muskateller und Riesling zu finden.
- Geraniol: Ein weiteres Terpen, das zu rosigen und floralen Aromen beiträgt und in Rebsorten wie Gewürztraminer vorkommt.
- Nerol: Ähnlich wie Geraniol, aber mit einem Hauch von Zitrus. Es ist in verschiedenen weißen Rebsorten zu finden.
Pyrazine
- 2-Methoxy-3-isobutylpyrazin (IBMP): Verantwortlich für grüne, vegetale Aromen wie grüner Paprika und Spargel. Besonders in Cabernet Sauvignon und Sauvignon Blanc zu finden.
Norisoprenoide
- β-Damascenon: Dies ist ein Norisoprenoid, das für Aromen von Rosen, Äpfeln und exotischen Früchten verantwortlich ist. Es kommt in vielen Rebsorten vor, darunter Chardonnay und Riesling.
- β-Ionon: Trägt zu violetten und blumigen Aromen bei und ist in Rebsorten wie Syrah zu finden.
Alkohole
- 1-Hexanol: Verantwortlich für grasige und grüne Aromen, häufig in jungen Weißweinen zu finden.
- Phenylethanol: Trägt zu rosigen und blumigen Aromen bei und ist in vielen Rebsorten zu finden.
Aldehyde
- Hexanal und (E)-2-Hexenal: Verantwortlich für grüne, grasige Aromen, die in jungen Weißweinen vorkommen.
Diese Moleküle sind nur einige Beispiele für die chemischen Verbindungen, die zu den Primäraromen im Wein beitragen. Die spezifische Kombination und Konzentration dieser Moleküle variiert je nach Rebsorte, Klima, Boden und Anbaubedingungen und trägt zur einzigartigen Aromenvielfalt von Wein bei.
Sekundäraromen - bei der Gärung gebildet
Die Gärung wird fast immer als die Bildung des Alkohols missverstanden. Doch der wesentliche Vorgang bei der Gärung ist die Bildung von Aromen aus Vorläufern, die in den Beeren vorkommen.
Ist dieser Vorgang auch sehr kompliziert, ist die Erklärung einfach zu verstehen: würden die Hefen, wie man es immer erklärt, aus dem Zucker nur CO2 und Alkohol produzieren, der Wein schmeckte wie Traubensaft mit Alkohol: fürchterlich.
Den Hefen fehlt die Luft im Wein
Um das O2 im CO2 zu produzieren, brauchen die Hefen Sauerstoff (O2) und die gibt es nicht unter der Oberfläche im Gärtank: da ist kein freier Sauerstoff.
Aber in den Vorläuferstoffen der Aromen in dem Fruchtfleisch ist Sauerstoff gebunden.
Und diesen Sauerstoff aus den Vorläufern hätten die Hefen gerne zur Atmung. Sie produzieren Enzyme, die aus den Vorläufern den Sauerstoff «herausschneiden» und den Hefen zum Atmen geben.
Und was wird aus dem, was von den Vorläufern übrig bleibt? Aromen, die man riechen kann.
Klingt kompliziert, ist es auch, aber kein Mensch, der gerne Wein trinkt, muss auch nur ansatzweise verstehen, was im Gärtank vor sich geht. Auch praktisch kein Winzer auf der Welt weiß es - selbst, wenn er oder sie vorher Biologie studiert hätte.
Puh, das war kompliziert. Und was sollte ich davon wissen?
Bei der Gärung entstehen die wesentlichen Aromen der Weine. Die Art der Gärung beeinflusst erheblich die Bildung dieser Aromen. Oder das Fehlen oder die Art ihrer Bildung und damit den Charakter des Weines.
Nimmt man etwa Reben aus einem Weinberg und der gleichen Lese, verarbeitet die Beeren jedoch unterschiedlich, können zwei Weine mit völlig verschiedenen Aromen zustande kommen.
Dazu mehr in Gärung, Spontangärung oder auch Hefe.
Wen es im Detail interessiert: Wichtige sekundäre Aromen
Ester
Ester entstehen durch die Reaktion von Ethanol mit organischen Säuren und vermitteln fruchtige Aromen. Ethylacetat trägt in geringen Mengen zu fruchtigen Noten bei, während Ethylhexanoat Aromen von Ananas und Äpfeln vermittelt. Acetate, die aus Acetyl-CoA und höheren Alkoholen entstehen, tragen zu blumigen und fruchtigen Aromen bei, wie zum Beispiel Bananenaromen durch Isoamylacetat.
Höhere Alkohole
Diese Alkohole entstehen während der Gärung und können sowohl positive als auch negative Aromen vermitteln. Isoamylalkohol trägt fruchtige Aromen bei, kann aber in hohen Konzentrationen lösungsmittelartig wirken. Phenylethanol vermittelt rosige, blumige Aromen.
Fettsäuren
Kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure und Hexansäure können in geringen Mengen zu fruchtigen Aromen beitragen, wirken in hohen Konzentrationen jedoch ranzig oder schweißig.
Lactone
Diese Verbindungen entstehen durch die Cyclisierung von Hydroxycarbonsäuren und vermitteln cremige, kokosnussartige Aromen, wie zum Beispiel durch γ-Nonalacton.
Thiole
Thiole vermitteln Aromen wie schwarze Johannisbeeren, Passionsfrucht und Grapefruit.
Aldehyde und Ketone
Diese Verbindungen entstehen während der Gärung und vermitteln eine Vielzahl von Aromen. Diacetyl zum Beispiel vermittelt buttrige Aromen, die oft in Weinen zu finden sind, die eine malolaktische Gärung durchlaufen haben.
Tertiäraromen (Reife- und Ausbauaromen)
Längerer Kontakt mit Sauerstoff und Holz erzeugt neue Verbindungen:
- Vanillin, Whisky-Lactone – Ausbau im Barrique
- Diacetyl – Butterton nach biologischem Säureabbau
Alternative Behälter wie das Betonei erhalten Primäraromen, weil die feine Umlagerung CO2 bindet und Oxidation limitiert.
Wahrnehmung der Aromen
Aromen werden ausschließlich mit der Nase wahrgenommen. Die Nase kann einige Tausend Aromen unterscheiden, die Zunge nur fünf Geschmacksrichtungen.
Wein schmeckt nicht. Er riecht.
Flüchtige Moleküle binden an olfaktorische Rezeptoren. Bereits wenige Nanogramm pro Liter können Geruch auslösen (Geruchsschwelle). Interaktionen wie Maskierung oder Synergie erklären, warum Vanillin die Wahrnehmung von roten Früchten verstärken kann.