Botrytis – Die Rolle des Herbstes bei der Edelfäule
Botrytis cinerea, auch bekannt als Edelfäule, ist ein Pilz, der unter spezifischen klimatischen Bedingungen sowohl die Qualität von Trauben steigern als auch durch Grauschimmel die Erträge schmälern kann. Das Zusammenspiel von Mikroklima, Traubenzustand und weinbaulichen Maßnahmen entscheidet, ob Botrytis ein Vorteil oder Nachteil für den Weinbau ist.
Klimatische Bedingungen im Herbst
- Morgendlicher Nebel: Erhöhte Luftfeuchtigkeit durch Nebel, oft in Flussnähe, fördert die Ausbreitung des Pilzes. Regionen wie das Sauternes oder Tokaj profitieren besonders davon.
- Warme Nachmittage: Sonnenlicht und Wärme trocknen die Trauben, sodass sich Edelfäule anstatt Grauschimmelfäule entwickelt.
- Temperaturschwankungen: Große Unterschiede zwischen Tag- und Nachttemperaturen fördern die Nebelbildung und schaffen ideale Bedingungen für Botrytis.
Voraussetzungen für Edelfäule
- Reife Trauben: Trauben mit hohem Zuckergehalt sind besonders anfällig für Botrytis. Der Pilz konzentriert Zucker und Säuren, was die Intensität der späteren Weine erhöht.
- Traubenhäute: Sorten mit dicker Schale, wie Sémillon, bieten gute Voraussetzungen für Edelfäule.
- Belüftete Laubwände: Offene Laubwände minimieren Staunässe und ermöglichen eine gezielte Steuerung der Feuchtigkeitsbalance.
Einfluss auf die Aromabildung
Botrytis hat einen wesentlichen Einfluss auf die Aromenentwicklung in Trauben und Weinen. Während der Pilz Zucker und Säuren konzentriert, werden auch spezifische Aromastoffe gefördert:
- Honig- und Trockenfruchtnoten: Typisch für botrytisierte Weine wie Sauternes oder Trockenbeerenauslesen.
- Karamellige Nuancen: Entstehen durch die gesteigerte Konzentration und Abbauprozesse.
- Komplexität: Die Aromadichte wird durch die Botrytiskonzentration erhöht.
Einfluss auf die Gärung
Während der Gärung entstehen hunderte flüchtige Aromastoffe. Besonders hervorzuheben sind die Effekte von Botrytis cinerea auf:
- Norisoprenoide: Botrytis fördert den Abbau von Carotinoiden zu Norisoprenoiden wie β-Damascenon, das Honig- und Rosennoten hervorruft.
- Thiole: Schwefelhaltige Verbindungen wie 3-Mercaptohexanol, die tropische Aromen wie Passionsfrucht oder Grapefruit erzeugen.
Herausforderungen im Weinbau
- Selektive Lese: Nur optimal befallene Trauben werden geerntet, um Qualitätseinbußen durch Grauschimmel zu vermeiden.
- Gezielte Laubarbeit: Eine Reduktion der Blattmasse minimiert Feuchtigkeit und verhindert unerwünschte Schimmelbildung.
Authentizität durch Spontangärung
In Verbindung mit Botrytis kann die Spontangärung den Terroirausdruck der Weine weiter verstärken. Die natürliche Hefe auf den Trauben interagiert mit den spezifischen Stoffen, die durch Botrytis beeinflusst wurden. Diese Gärung betont die regionalen Charakteristika und sorgt für ein einzigartiges sensorisches Erlebnis.