Karaffieren – Wann und warum man Wein in eine Karaffe gießt
Karaffieren bezeichnet das Umfüllen eines Weines aus seiner Flasche in eine Karaffe. Dies geschieht aus unterschiedlichen Gründen, vor allem um den Wein mit Sauerstoff in Kontakt zu bringen. Gerade bei jungen Rotweinen mit ausgeprägten Gerbstoffen und Tanninen kann dieser Prozess dazu beitragen, dass der Wein sich aromatisch entfaltet und geschmeidiger erscheint.
Warum gibt man einen Wein in eine Karaffe?
Junge Weine mit hohem Gerbstoffgehalt und prägnanter Säure können oft verschlossen wirken: Im Glas zeigen sie nur wenige Aromen, dafür aber eine strenge, fast spröde Struktur. Durch den Kontakt mit Luft reduziert sich die Gerbstoffintensität, die Aromen werden präziser wahrnehmbar und der Wein entwickelt sich innerhalb von ein bis drei Stunden in der Karaffe weiter – ein Prozess, der in der Flasche oft Jahre dauern würde. Die Form der Karaffe ist hierbei entscheidend: Weine mit hohem Tanningehalt profitieren von einem breiten Boden, der eine größere Kontaktfläche zur Luft schafft.
Der Sinn des Karaffierens
Das Karaffieren bewirkt eine beschleunigte Oxidation: Die Luft mildert Tannine und Gerbstoffe und kann Aromen freisetzen, die vorher verborgen waren. Vor allem dichte, junge Rotweine gewinnen durch diesen Vorgang an Komplexität und Weichheit.
Risiken des Karaffierens
Nicht jeder Wein profitiert vom Karaffieren. Der Kontakt mit Sauerstoff beschleunigt den Alterungsprozess und kann Weine, die bereits gut zugänglich sind, flach und aromatisch stumpf wirken lassen. Besonders empfindlich sind Weine mit geringer Tanninstruktur – sie verlieren schneller ihre Aromen und können bereits nach kurzer Zeit oxidieren. Ein weiterer Nachteil: Das natürliche Öffnen des Weines im Glas entfällt. Wer seinen Wein über einen längeren Zeitraum genießen möchte, kann ihn besser direkt im Glas atmen lassen.
Karaffieren oder Dekantieren?
Häufig werden die Begriffe Karaffieren und Dekantieren synonym verwendet, obwohl sie unterschiedliche Zwecke erfüllen. Während das Karaffieren auf eine gezielte Belüftung abzielt, dient das Dekantieren primär dazu, einen Wein von seinem Depot zu trennen. Gereifte Weine mit Bodensatz werden vorsichtig in eine schlanke Karaffe umgefüllt, um das Depot in der Flasche zu belassen.
Dabei sollte der Kontakt zur Luft minimiert werden, da alte Weine sehr empfindlich auf Oxidation reagieren und schnell an Aromen verlieren. Früher wurden Dekanter mit Entenkopf verwendet, um die Luftzufuhr weiter zu begrenzen.
Wann sollte man auf das Karaffieren verzichten?
Wein zu karaffieren ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Ein unbekannter Wein sollte lieber im Glas probiert werden, um seine Entwicklung zu beobachten. Gerade moderne Weine sind häufig bereits so vinifiziert, dass sie ohne weitere Belüftung genossen werden können.
Früher wurden Weine mit hoher Gerbstoffstruktur für eine lange Lagerung ausgebaut, doch heutige Kellertechniken erlauben eine sanftere Vinifikation, sodass viele Weine bereits jung trinkbar sind. Wer einen Wein in der Karaffe zu lange stehen lässt, riskiert, dass die feinsten Aromen verflüchtigen, bevor der Wein überhaupt ins Glas gelangt.
Das Karaffieren in Kürze
Das Karaffieren kann junge, tanninreiche Weine zugänglicher machen, birgt aber auch Risiken. Besonders bei unbekannten oder gereiften Weinen sollte sorgfältig abgewogen werden, ob das Umfüllen in eine Karaffe wirklich notwendig ist. Wer sich unsicher ist, sollte den Wein zunächst im Glas atmen lassen und die Aromenentwicklung aufmerksam verfolgen. So lässt sich vermeiden, dass die feinen Nuancen eines Weines verfrüht verloren gehen.