Weine aus den Valli Ossolane
Die Region liegt im äußersten Norden des Piemont an der Schweizer Grenze. Als «Valli Ossolane» sind eine Reihe von Nebentälern des Flusses Toce bezeichnet.
Der Toce entspringt am Griespass an der Schweizer Grenze, fließt über das Valle Formazza in den Süden; im Dörfchen Premia Chioso kommt der Zufluss Diveria vom Simplonpass in den Toce. Das Tal heißt ab hier Valle Antigorio bis zur Stadt Domodossola und ab hier heißt das Tal des Toce Val d'Osso. Der Toce mündet dann im Lago Maggiore.
Der Ursprung der Täler
Über den Griespass kam nicht nur der Toce, es kamen im Mittelalter auch Walser aus dem deutschsprachigen Ort Gurin. Bosco/Gurin ist einzige deutschsprachige Dorf im Tessin und über einen Saumpass mit dem Valle Formazza verbunden.
Es war eine äußerst arme Region, die Walser mussten aus dem Schweizer Wallis aus Armut in andere Regionen - daher die vielen Walserwege und Täler. Eines der zuerst besiedelten waren die heutigen Valli Ossolane.
Später waren die Übergänge in die Schweiz ein wichtiger Handelsweg zwischen Italien und der Schweiz und weiter in nördlichere Regionen. Die Region profitierte von dem Handel, doch eine substantielle eigene Wirtschaft entstand kaum: ein wenig Landwirtschaft, die die Handelsreisenden versorgte. Wozu auch der Weinbau gehörte, der schon früh in der Region betrieben wurde.
Domodossola – das Zentrum der Region

Domodossola ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Valli Ossolane. Die Stadt liegt an einer strategischen Handelsroute und war über Jahrhunderte ein wichtiger Knotenpunkt zwischen Norditalien und der Schweiz.
Heute verbindet die Simplonbahn Domodossola direkt mit Brig im Wallis, während die Centovallibahn eine malerische Verbindung ins Tessin bietet.
Der moderne Weinbau in den Valli Ossolane
Der Weinbau in den Valli Ossolane reicht bis in die Römerzeit zurück, doch seine Blütezeit erlebte er im Mittelalter, als die Region ein wichtiger Lieferant für die Städte Mailand und Bern war.
Die enge Vernetzung mit der Schweiz war historisch von großer Bedeutung für den Weinhandel, insbesondere über das Centovalli, das eine Verbindung ins Tessin herstellte. Dort waren Weine aus den Valli Ossolane lange gefragt, bis die Reblaus dem Weinbau ein Ende setze.
Durch die wirtschaftlichen und politischen Verschiebungen in Europa erholte sich der Weinbau in Valli Ossolane nie; der mühsame Handel über die Pässe wurde durch die modernen Motorwagen und später die Eisenbahn ersetzt.
Der Simplontunnel brachte der Stadt Domodossola eine gewisse Bedeutung, vornehmlich auch den Anschluss an der Verkehrsnetz der Bahn. In den letzten Jahrzehnten haben Menschen in der Region an die Weintradition angeknüpft und versuchen, als Winzer ihren Platz in der modernen Weinwelt zu finden.
Die moderne Weinwelt ist nun mehr als gesättigt, hat jedoch großes Interesse an bodenständigen, originellen und besonderen Weinen. Autochthone Rebsorten aus einer zwischen hohen Bergen gelegenen Region sind eine nahezu ideale Quelle für solche Weine.
Die Spezialität der Valli Ossolane ist der Prünent, eine lokale Variante des Nebbiolo. Der Umlaut in Prünent ist ein Zeichen für die immer noch lebendige Verbindung der Valli Ossolane mit den deutschsprachigen Walsern aus dem Wallis in der Schweiz.
Die geologische Entstehung und ihre Bedeutung für den Weinbau
Das Ossolatal liegt auf einem geologisch alten Grundgebirge aus Granit und Gneis, das während der alpidischen Gebirgsbildung durch tektonische Bewegungen herausgehoben wurde. Über Jahrmillionen hinweg führten Erosion und Vergletscherung zur Bildung der heutigen Landschaft mit ihren steilen Hängen und Schotterböden.
Der Granitschotter, der die Weinberge prägt, sorgt für eine hervorragende Drainage und beeinflusst die Mineralität der Weine. Die Böden speichern tagsüber Wärme, die sie nachts langsam abgeben – ein Effekt, der den Reifeprozess der Trauben unterstützt.
Die Weinberge und ihre Lagen
Die Weinberge der Valli Ossolane verteilen sich über mehrere Täler, oft an steilen Hängen in Höhenlagen zwischen 300 und 600 Metern. Der Sonnenstand variiert je nach Exposition erheblich.
Während südlich ausgerichtete Terrassenlagen von maximaler Sonneneinstrahlung profitieren, sind einige Lagen durch enge Täler und hohe Gipfel teilweise beschattet, was zu einem verzögerten Reifeprozess führt. Dies führt zu einer kühleren Aromenausprägung und bewahrt die Säurestruktur der Weine.
Die besten Lagen sind in den gut exponierten, wärmespeichernden Terrassen zu finden, während kältere Lagen für spät reifende Sorten weniger geeignet sind.
Rebsorten der Valli Ossolane
Die Region ist bekannt für ihre autochthonen Rebsorten, allen voran den Prünent, eine lokale Nebbiolo-Variante, die erstmals 1309 dokumentiert wurde. Neben Prünent finden sich auch Croatina, Merlot und kleinere Anteile von Uva Rara, die in Cuvées verarbeitet werden. Die Weine zeichnen sich durch eine kühle, mineralische Frische aus, die dem alpinen Terroir und den Granitschotterböden geschuldet ist.
Die Besonderheiten des Weinbaus
Der Weinbau in dieser extremen Bergregion ist geprägt von steilen Terrassenlagen, geringen Erträgen und einem harten Klima mit starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Viele Rebstöcke sind über 100 Jahre alt und wurzelecht, da sich die Reblaus auf diesen Höhen nicht verbreitet hat. Durch die traditionelle Pergola-Erziehung werden die Trauben vor starker Sonneneinstrahlung geschützt.
Die Zukunft der Valli Ossolane als Weinregion
Nachdem die Region jahrzehntelang im Schatten der großen piemontesischen Anbaugebiete stand, erfährt sie heute zunehmend Aufmerksamkeit unter Weinfreunden. Immer mehr Winzer setzen auf die Wiederbelebung des Prünent und die Pflege der alten Weinberge, um die Identität der Valli Ossolane als eigenständige, alpine Weinregion weiter zu stärken.