Die Besonderheit des Roero

Alba liegt auf einer vergleichsweise stabilen und höher gelegenen Formation, die sich aus kompakten marinen Sedimenten gebildet hat. Roero hingegen ist geprägt von deutlich weicheren, jüngeren Ablagerungen mit einem höheren...

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Die Besonderheit des Roero

Roero und Alba: Die Entstehung der Weinberge

Viele Teile der Region um Alba liegen einige Meter höher als das benachbarte Roero; beide trennt der Fluss Tamaro. Das Piemont und die gesamte Ebene vom Mittelmeer bis zu den Alpen ist weitgehend flach und lag zu dieser Zeit nur wenige Meter über der heutigen Meereshöhe.

Wie im Bordelais sind es diese wenigen Meter in einer flachen Region, die einen erheblichen Unterschied in der Entwicklung der Böden ausmachten.

Die flache Ebene des nord-östlichen Italiens mit dem Piemont in der Mitte.

Höhenlage und Sedimentunterschiede

Alba liegt auf einer vergleichsweise stabilen und höher gelegenen Formation, die sich aus kompakten marinen Sedimenten gebildet hat. Roero hingegen ist geprägt von deutlich weicheren, jüngeren Ablagerungen mit einem höheren Sandanteil. Der Grund für diese Unterschiede liegt in der Art und Weise, wie die Regionen im Laufe der Erdgeschichte von Meereseinbrüchen überflutet wurden.

Die Erhebungen im Piemont bieten manchen Weinbergen die besten Lagen.

Während der Warmzeiten – insbesondere während des Miozäns (etwa 23 bis 5 Millionen Jahre vor heute) und des Pliozäns (etwa 5 bis 2,6 Millionen Jahre vor heute) – war Alba oftmals vom Meer bedeckt. Die damaligen Meeresablagerungen bestehen aus festen Kalkmergeln, Ton und Sandstein, die durch nachfolgende Hebungen verfestigt wurden. Diese geologischen Schichten prägen noch heute die Weinberge von Alba.

Roero, das heute niedriger als Alba liegt, war während der gleichen Warmzeiten nicht durchgängig überflutet. Das bedeutet, dass es in vielen Epochen einer stärkeren Erosion ausgesetzt war. In einigen Zeiträumen, in denen das Meer nicht bis in das Gebiet von Roero vordrang, erfolgte stattdessen eine Ablagerung von Flusssedimenten, die das heutige Terroir maßgeblich beeinflussen.

Überflutungen und Rückzug der Meere

Während der großen Warmzeiten des Miozäns wurde Alba durch das Adriatische Meer überflutet, das tiefere Sedimente ablagerte. Roero blieb in diesen Phasen größtenteils über dem Wasserspiegel und erlebte nur sporadische Überschwemmungen durch Flüsse und Lagunen.

In späteren Warmzeiten, insbesondere im Pliozän, zog sich das Meer langsam zurück, und Roero wurde stärker durch Flüsse geformt, die Erosion verursachten und Sande sowie andere leichtere Sedimente hinterließen. Das erklärt, warum die Böden in Roero sandreicher und lockerer sind als die kompakteren Tonmergel- und Kalksteinböden in Alba.

Ablagerungen während der Eiszeiten

Während der jüngeren Eiszeiten (Quartär, also die letzten 2,6 Millionen Jahre) kam es zu weiteren wichtigen Veränderungen:

  • Alba war aufgrund seiner höheren Lage weniger von direkten glazialen Einflüssen betroffen, aber es kam zu bedeutenden Erosionen und Umlagerungen von Sedimenten durch Schmelzwasserströme.
  • Roero erlebte hingegen eine intensivere Ablagerung von Lockermaterial, insbesondere durch das Abtragen von Sand und Kies aus höheren Regionen. Diese Ablagerungen prägen noch heute den sandigen, leichteren Boden der Roero-Weinberge, der im Vergleich zu Alba eine geringere Wasserhaltefähigkeit besitzt.

Auswirkungen auf den Weinbau

Die Unterschiede in der geologischen Entwicklung von Roero und Alba spiegeln sich direkt in den Weinstilen wider:

  • Alba bietet durch seine kompakten, kalkreichen Böden ideale Bedingungen für Nebbiolo, Barbera und Dolcetto, da die Wasserspeicherung tiefgründig ist und die Weine eine dichte Struktur entwickeln.
  • Roero hat durch seine sandigeren Böden oft leichtere, floralere Weine mit höherer Frische, was insbesondere beim Roero Arneis und den Nebbiolo-Weinen des Roero DOCG geschätzt wird.

Unterschiede in den Weinen

Die unterschiedlichen Böden von Roero und Alba führen zu unterschiedlichen Weinen. In Roero werden hauptsächlich Weine aus der Nebbiolo-Traube produziert, die aufgrund der sandigen Böden eine ausgeprägte Mineralität und Frische aufweisen. Diese Weine sind oft leichter und eleganter, mit einer klaren Säurestruktur.

In Alba hingegen werden die berühmten Barolo- und Barbaresco-Weine produziert, die ebenfalls aus der Nebbiolo-Traube stammen. Die kalkhaltigen Böden von Alba verleihen diesen Weinen eine ausgeprägte Struktur und Komplexität, mit einer intensiven Tanninstruktur und einer langen Lagerfähigkeit.

Klima und Weinbau

Beide Regionen profitieren von einem kontinentalen Klima mit kalten Wintern und warmen Sommern. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind hoch, was zur Entwicklung komplexer Aromen in den Trauben beiträgt. Zum Zeitpunkt der Lese sind die Temperaturen in beiden Regionen mild, was eine optimale Reifung der Trauben ermöglicht.

Biologischer Weinbau ist in beiden Regionen verbreitet, wobei Roero aufgrund seiner sandigen Böden besonders gut für biologischen Weinbau geeignet ist. Die sandigen Böden bieten eine natürliche Barriere gegen Schädlinge und Krankheiten, was den Einsatz von Pestiziden reduziert.

In Alba ist der biologische Weinbau ebenfalls verbreitet, wobei die kalkhaltigen Böden eine stabile Umgebung für die Rebstöcke bieten.

Handwerkliche Winzerbetriebe

In beiden Regionen sind handwerkliche Winzerbetriebe eher die normale Form des Wirtschaftens. Diese Betriebe konzentrieren sich auf die Produktion hochwertiger Weine in kleinen Mengen, wobei traditionelle Methoden und moderne Technologien kombiniert werden. Im Vergleich zu industriellen Großbetrieben und Genossenschaften spielen handwerkliche Winzer eine wichtige Rolle in der Weinproduktion von Roero und Alba.

Die Weine von Alba und Roero zum Essen des Piemont

Die Weine aus Roero passen hervorragend zu leichten, frischen Gerichten, wie gegrilltem Fisch oder Meeresfrüchten, die die mineralische Frische der Weine unterstreichen. Weine aus Alba hingegen sind eine passende Begleitung zu herzhaften Fleischgerichten und reifen Käsesorten, die die strukturierte Komplexität der Weine ergänzen.

Zusammenfassend: die geochronologischen Vorgänge, die zur Entstehung der Böden von Roero und Alba führten, haben einen erheblichen Einfluss auf die Weine dieser Regionen. Die sandigen Böden von Roero führen zu leichten, frischen Weinen, während die kalkhaltigen Böden von Alba strukturierte und komplexe Weine hervorbringen. Beide Regionen bieten eine reiche Vielfalt an Weinen, die die geologische und klimatische Vielfalt des Piemont wiedergeben.

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