Wein passend zum Essen

Ob ein Wein zum Essen passt, hängt vom Gehalt und der Art des Fettes des Essens ab. Der Säure oder Süße von Wein und Essen. Und besonders: wie das Essen...

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Wein passend zum Essen

Wein und Essen kombinieren

Zu den häufigen Wein - Irrtümern gehört der Glaube, dass man nur den oder die richtige fragen müsse und ein Volltreffer an Wein zum Essen wird die Gäste umhauen.

Begonnen habe ich meine ersten kulinarischen Erfahrungen mit dem damaligen Zeit Feinschmecker Wolfram Siebeck. Der kannte alles, was man auf den Tisch bringen konnte und vor allem: Restaurants, die solches in Perfektion an den Tisch brachten. Und den passenden Wein dazu.

Der hatte den Rat für Leute, die mehr zum Thema Wein und Essen lernen wollten:

«Korken raus, rein ins Glas: riechen, trinken, schmecken! Und: merken!»

Sprich: es muss die eigene Erfahrung sein, die einen weiter bringt. Nicht die von «Fachleuten» wie diese hier.

Eine zweite, die es nun wirklich wissen sollte, ist die berühmte Sommeliere Francis Robinson. Sie sagt drei Jahrzehnte später das Gleiche. Es gibt nur eine Situation, wo man einen wirklich perfekt passenden Wein zum Essen bekommt. Wenn ein sehr gut ausgebildeter Sommelier den Weinkeller perfekt kennt (das tun längst nicht alle) und die Küche die Gerichte präzise immer gleich zu den Gästen bringt (das tun auch nicht alle).

Dann wird dieser Sommelier zu dem gewählten Menü Weine servieren, der unter Fachleuten als perfekt abgestimmt gelten könnte. Bis andere Fachleute kommen und anderer Meinung sind.

Und ob es dem Gast gefällt, sagt sie, sei noch eine andere, aber entscheidende Frage.

Also gibt es keine Regeln?

Unser Geschmack ist geprägt aus unseren Zeiten als Neandertaler. Was damals ungesund war, mögen wir heute noch nicht.

Doch, es gibt einige Eindrücke, die viele Menschen gleich oder zumindest ähnlich empfinden und das hat mit der Entwicklung der Menschen zu tun. Unser Geschmack passt sich zwar sehr leicht an, aber einige Instinkte sind uns als ehemalige Jäger & Sammler immer noch gegeben, wie oben dem Neandertaler.

Vieles, was giftig, unreif oder ungesund ist und war, schmeckt bitter, sauer oder auch scharf. Anderes schmeckt ebenso, ist aber gesund, etwa Gemüse. Nun konnte der gute Mann oben nicht im Supermarkt einkaufen und musste auch einmal in den berühmten sauren Apfel beissen.

Um die weniger zuträgliche Wirkung zu mildern oder auch eine ausgewogene Ernährung zu bekommen, war ein Ausgleich der Geschmacksrichtungen hilfreich. Oder: wer diesen Geschmack entwickelte, hatte bessere Überlebenschancen. So entwickelten sich unsere heute noch aktiven Instinkte.

Viele der jetzt folgenden «Regeln» über Kombinationen von Essen und Wein empfinden Menschen auch über sehr große kulturelle Unterschiede hinweg sehr ähnlich. Und auch dort, wo kaum einmal ein Wein getrunken wird.

Kombinationen von Geschmacksrichtungen

Die Süße einbinden

Süsses und salziges ergänzen sich wunderbar. Salziger Blauschimmelkäse zum Beispiel

Wechselwirkung: Bei Süße denkt man zuerst an das Dessert. Süße Desserts und süße Weine verstärken sich, wenn beides sehr süß ist. Ist der Wein süßer als das Essen, wirkt er ausgleichend. Umso mehr, je mehr Säure der Wein hat, also ein edelsüßer Wein und nicht ein halbtrockener mit wenig Alkohol.

Es gibt jedoch viele Möglichkeiten Süße im Essen zu haben. Viele schmecken Salatsauce süß ab (macht der Schubeck im Fernsehen auch immer!). Ketchup enthält viel Zucker sowie praktisch alles, was an Saucen aus einem Glas kommt.

Doch auch handwerklich sauber gekochtes enthält oft, wenn auch kaschiert, Süße. Die dunkle Sauce mit karamellisierten Zwiebeln etwa, das Obst im Salat oder viele asiatische Saucen sind süß und zugleich scharf. Zu Gemüse, Fisch oder Fleisch wirkt das harmonisch, der Eindruck mit Wein ist durch seine Säure und bei Rotwein die Gerbstoffe jedoch unharmonisch.

Hier sind es Weißweine mit einem Schmelz, etwa von der Rhône oder aus dem Languedoc oder Roussillon die weitaus bessere Wahl.

Hingegen wirkt ein trockener Wein zu einem süßen Gericht oft unangenehm, da die Süße der Speisen die Säure und bei Rotwein die Bitterkeit des Weins betont, was zu einem unausgeglichenen Geschmack führt.

Bitterkeit und ihre Einflüsse auf die Weinauswahl

Bitterkeit im Essen und Wein verstärken sich meist unangenehm. Ein tanninreicher, gerbstoffreicher Rotwein mit einem bitteren oder auch scharfen Essen kann schnell überwältigend oder unangenehm wirken. Bittere Aromen im Wein stammen überwiegend aus der Schale der Beeren, den Gerbstoffen. Die Bitterkeit des Weines wird etwa durch Fett oder eine gewisse Süße, etwa durch Zwiebeln und Knoblauch, harmonisiert.

Bittere Aromen im Essen harmonieren am besten mit aromenreichen Weißweinen, insbesondere wenn das Essen nicht zu salzig ist. Salz wirkt mit Alkohol zusätzlich bitter.

Wenn es Rotwein zu einem solchen Essen sein soll, sind solche mit fruchtigen, tanninarmen Noten eine gute Wahl. So passt ein Pinot Noir oder ein Beaujolais hervorragend zu Gerichten mit bitteren Noten, wie Rucola oder Radicchio. Tanninarme Weine ergänzen leichte Bitterkeit im Essen, ohne sie zu verstärken.

Säure und ihr Zusammenspiel mit Wein

Säure muss in der Balance sein, um angenehm zu wirken. Wein und Speisen enthalten oft, oder auch nicht. Dann kann der Wein ausgleichen.

Wechselwirkung: Säure in Speisen kann Weine lebendiger und frischer wirken lassen. Ein säurehaltiges Gericht hebt die Frische eines säurebetonten Weins hervor, wirkt jedoch weniger harmonisch, wenn der Wein wenig Säure besitzt. Hohe Säure in beiden Komponenten kann jedoch schnell zu einem intensiven, schneidenden Geschmack führen.

Für Gerichte mit eher viel Säure, wie Fisch mit Zitronen oder einer Sauce Hollandaise, eignen sich Weine mit einer gewissen Säure, die die Frische unterstreichen. Sauvignon Blanc oder ein Entre deux Mers aus dem Bordelais sind exzellente Partner zu sauren Speisen, da sie die Säure betonen und gleichzeitig eine Balance bieten. Auch Schaumweine oder Champagner passen zu säurehaltigen Gerichten, da ihre prickelnde Säure das Gericht lebendig ergänzt.

Die Wirkung von Fett

Fett hat sehr verschiedene Wirkungen auf das Mundgefühl und die Kombination mit Wein

Fett im Fleisch

Wechselwirkung: Tierisches Fett, das in Fleisch wie Rind oder Lamm vorkommt, ist in der Regel sehr intensiv und bleibt durch seine Konsistenz länger auf dem Gaumen. Dieses Fett «puffert» die Tannine im Wein, was bedeutet, dass ein tanninreicher Rotwein durch das Fett runder und weicher wirkt. Die Tannine im Wein binden sich mit den Proteinen und Fetten, wodurch der Wein geschmeidiger wird und seine Gerbstoffe weniger scharf erscheinen.

Fett wie bei Huhn oder einem Entrecôte puffert die Gerbstoffe (Tannin) im Wein.

Kombinationen: Für ein Steak aus dem Rücken (Entrecôte) oder eine Lammschulter sind kräftige Rotweine mit deutlich spürbarem Tanninen eine gute Wahl. Cabernet Sauvignon etwa, Syrah oder Malbec, die durch ihre robuste Struktur das Fett ausbalancieren und ein intensives, harmonisches Geschmackserlebnis bieten. Die Tannine «balancieren» das Fett aus und bieten eine geschmackliche Erfrischung.

Der oft hohe Gehalt an Alkohol muss dabei beachtet werden. Er wirkt mit viel Salz bitter und mit Butter oder Sahne leicht scharf.

Pflanzliches Fett: Olivenöl & Co

Öle sind weniger intensiv als Fett im Fleisch, sind jedoch fein und haben mitunter viel Säure.

Pflanzliches Fett ist leichter und oft weniger intensiv im Geschmack als tierisches Fett. Es hat dennoch eine geschmackliche Tiefe, die den Wein weicher erscheinen lässt, aber nicht so stark mit den Tanninen reagiert wie tierisches Fett. Besonders kalt gepresste Öle wie Olivenöl bringen leicht bittere Noten mit, die den Geschmack eines Weins beeinflussen können. Pflanzliche Fette verbinden sich gut mit fruchtigen, säurebetonten Weinen und mildern deren Säure, ohne dass der Wein an Struktur verliert.

Zu Gerichten mit pflanzlichen Fetten, wie in der mediterranen Küche mit viel Olivenöl, passen Weißweine mit mittlerer Säure, wie Sauvignon Blanc oder Grenache Gris, besonders gut. Auch leichte Rotweine wie Pinot Noir oder Beaujolais harmonieren, da sie nicht zu tanninreich sind und sich angenehm in die Struktur des pflanzlichen Fettes einfügen. Wenn das Gericht intensiv aromatisiert ist, zum Beispiel durch Gewürze und Kräuter, ergänzen Weine wie Viognier oder Marsanne die Geschmackskomplexität des Öls.


Milchfett (z. B. Sahne, Crème fraîche, Butter)

Milchfett hat eine harmonisierende Wirkung. Es puffert Extreme... und schmeckt einfach.

Milchfett hat eine cremige, dichte Textur und erzeugt im Mund ein reiches, weiches Mundgefühl. Es mildert die Säure eines Weins und unterstützt runde, vollmundige Weine.

Zudem verstärkt Milchfett die Weichheit und die Fruchtigkeit im Wein, was bei gereiften Weißweinen oder samtigen Rotweinen ein harmonisches Zusammenspiel bewirkt.

Gleichzeitig kann Milchfett tanninreiche Weine etwas unruhig erscheinen lassen, weshalb die Kombination von Milchfett und stark tanninreichen Rotweinen vermieden wird.

Wein wird sehr oft in Gesellschaft zum Essen genossen. Die Ansichten der Gäste sind mitunter verschieden. Kompromisse nötig.

Optimale Kombinationen: Zu Gerichten mit Sahne, Butter oder Crème fraîche passen Weißweine mit mittlerer bis geringer Säure und einer gewissen Fülle, wie Chardonnay, Grenache Gris oder Viognier.

Diese Weine besitzen meist eine runde, cremige Textur, die die Reichhaltigkeit des Milchfetts ergänzt und die Aromen voll zur Geltung bringt. Für intensivere Gerichte mit Sahne wie in der französischen Küche, bieten sich die typischen Cuvée des Languedoc mit dezenten Holzaromen an, die das cremige Fett gut balancieren.

Auch ein gereifter Weißwein oder ein seidiger Rotwein wie Merlot harmonieren, da sie das Fett durch Frucht und Weichheit ergänzen, ohne die Speise zu überwältigen.

Thomas Henke schreibt seit über 20 Jahren im weinraum über Wein, Winzer, Regionen und den Genuß von Wein. Mehr über den Autor.
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