Prosecco

Ausgerechnet die anspruchsvolleren Weine aus Conegliano und Valdobbiadene werden kaum wahrgenommen: schade!

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Prosecco

«Prosecco» – Ein Name für zwei grundverschiedene Weine

«Prosecco» sind zwei verschiedene Schaumweine, die nichts miteinander gemein haben. Zum einen ein industriell hergestellter, fruchtiger, meist restsüßer Schaumwein, der von industriellen Betrieben millionenfach erzeugt wird. Zum anderen ein Wein mit geographischer Herkunft, Handwerk und deutlich trockenerem Stil – hergestellt von Winzern in den Hügelzonen rund um Valdobbiadene und Conegliano.

Der Fluch des Namens

Der Begriff bezeichnet heute beides – und genau das macht die Wahrnehmung so widersprüchlich.

Der Erfolg von «Prosecco» auf dem internationalen Markt wirkt geradezu surreal. Es gab ein Jahr, in dem alleine Aldi mehr Prosecco verkauft hat, als in der Region Trauben produziert wurden. Da war kein Betrug im Spiel - Prosecco musste damals nur in der Region erzeugt werden, woher die Trauben stammte, war egal.

Prosecco als Massenerzeugnis

In Deutschland zählt Prosecco seit Jahren zu den meistverkauften Schaumweinen. Laut Daten des Konsortiums Prosecco DOC wurden 2022 über 638 Millionen Flaschen produziert, davon über zwei Drittel exportiert. Die größten Abnehmer waren Großbritannien, die USA und Deutschland, wobei Deutschland mit über 46 Millionen Flaschen Platz drei einnimmt – Tendenz weiter steigend.

Der Fluch der italienischen Lebensart

Viele, die die italienische Lebensart schätzen und vielleicht sogar etwas Italienisch sprechen, verbinden mit dem Namen «Prosecco» ein Gefühl von Leichtigkeit, Eleganz und Lebensfreude.

«Secco» heißt trocken, Prosecco nicht

Der Klang des Wortes – «secco» – suggeriert Trockenheit, Frische, Klarheit. Tatsächlich aber sind die meisten Prosecco-Schaumweine, die im Handel erhältlich sind, nicht trocken. Im Gegenteil: Der klassische «Prosecco Extra Dry» enthält zwischen 12 und 17 g/l Restzucker – und ist damit ein halbtrockener Wein.

Auch die Variante «Dry» (irreführenderweise «trocken» genannt) darf bis zu 32 g/l enthalten. Viele Prosecchi, die am Markt erfolgreich sind, bewegen sich in genau diesem süßeren Spektrum.

Winzer selbst bestätigen diese Entwicklung. Immer wieder wird ein eher süßer Prosecco mit einer Zusatzinformation angepriesen:  «per le Donne». Sie werden schon wissen, warum.

Wer nach Struktur, Mineralität oder differenzierten Aromen sucht, findet in industriellen Weinen kaum Antworten. Aber hier:

«Valdobbiadene» – wo die Herkunft beginnt

Dabei gibt es sie sehr wohl: handwerklich erzeugte Prosecchi mit Herkunft, Anspruch und Präzision. In der «DOCG Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore», vor allem in den «Rive»-Lagen mit steilen Hängen und mühsamer Handarbeit, entstehen Schaumweine, die ihre Herkunft auch im Aroma spiegeln.

«Brut» oder «Extra Brut» (unter 12 bzw. 6 g/l Restzucker) sind die üblichen Stile, um den Charakter der Weine zum Ausdruck zu bringen. Die Weine zeigen Aromen von Zitrus, weißem Pfirsich, frischen Kräutern, häufig getragen von lebendiger Säure und feiner Mousseux – elegant, zurückhaltend, trocken.

Diese Winzer stehen jedoch im Schatten des Marktes. Denn was unter dem Begriff «Prosecco» im Export verstanden wird, ist in der Regel die Massenware. Der Versuch, dies zu korrigieren, wurde im Jahr 2009 unternommen – durch die Einführung der neuen Herkunftsbezeichnung DOCG und die Umbenennung der Rebsorte von «Prosecco» in «Glera».

Diese Umstellung hatte auch rechtliche Gründe, insbesondere zum Schutz der Herkunftsbezeichnung im internationalen Markenrecht. Sie war teuer, aufwendig und kommunikativ wenig wirksam. Denn statt den Fokus auf Herkunft, Stil und Qualität zu richten, wurde der Begriff «Prosecco» weiterhin für industrielle Standardware genutzt – während die handwerklich arbeitenden Betriebe sich in der öffentlichen Wahrnehmung kaum differenzieren konnten.

Zwei Realitäten, ein Etikett

So existieren heute zwei Realitäten unter einem Namen: «Prosecco» als industrielles Lifestyle-Produkt – süffig, leicht süß, massentauglich –, und «Prosecco» als Herkunftswein mit handwerklicher Identität, aus einer geschützten Region, mit echtem Bezug zum Ort, zur Arbeit im Weinberg und zur Jahrgangscharakteristik. Letzterer wird oft übersehen, obwohl er Ausdruck dessen ist, was italienischer Weinbau abseits des Mainstreams leisten kann.

Prosecco unterscheiden

«Prosecco» ist kein Stil, sondern ein System. Es umfasst süße, zugängliche Massenprodukte und trockene, herkunftsbetonte Schaumweine zugleich. Der internationale Erfolg verdankt sich nicht zuletzt einem Missverständnis: Der Name klingt nach Trockenheit, der Geschmack liefert Süße.

Dass dabei ausgerechnet die anspruchsvolleren Weine aus Conegliano und Valdobbiadene kaum wahrgenommen werden, ist leider eine Folge davon. 

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