Moderner Weinbau in der Hitze: dezent.

Amphitheater der Reben im Corbières - Weinberg der Domaine Monluzia
«Das Leben dem Boden zu widmen, auf dem man lebt, ist kein Traumleben - aber es ist unser Traum und wir leben ihn jeden Tag» so präsentieren sich Saskia und Adrien auf ihrer Webseite den Besuchern. Und den Besuchern auf der Domaine Montluzia im winzigen Dörfchen Cascastel en Corbières, in den Bergen des Corbières.
Weitläufiges Corbières
Das Corbières ist eine etwas unglückliche Appellation, denn die beherbergt sehr verschiedene Zonen, in denen die Weine erzeugt, aber unter der gleichen Bezeichnung angeboten werden.
Es reicht von den flachen Weinbergen am Mittelmeer bis eben in die Berge weit im Hinterland. Nicht nur der Boden ist verschieden, durch die Höhe haben die Reben ein völlig anderes Terroir, als im flachen Teil des Corbières. Und die Domaine Montluzia liegt eben oben, in den Bergen.

Die Landschaft im oberen Teil des Corbières ist tatsächlich «hoch». Es ist das Haute Corbières.
Der mutige erste Schritt
Die Geschichte des Weingutes Montluzia beginnt mit dem jungen Adrien, der 2016 mit Hilfe seines Vaters Claude 4 Hektar Reben kauft, um ein Leben als Winzer zu beginnen.
2021 haben sie einen sehr kleinen Weinkeller gekauft, zu dem 7 Hektar bereits bio zertifizierte Weinberge gehörten. Mit den Jahren kamen weitere Rebflächen verstreut im Umland hinzu - mittlerweile sind es 21 Hektar und eine ansehnliche Vielfalt an Reben, die angebaut und verarbeitet werden müssen.

Saskia und Adrien Fytiou von der Domaine Montluzia. Die Arbeit wurde Adrien zu viel. Saskia nahm nicht nur die Rebschere...
Mit dem Erfolg kommt das «zu viel»
Die Arbeit wurde viel zu viel, auch für einen noch so motivierten Adrien und seinen munteren Vater. Es kamen Helfer für die Lese auf die Domaine und in diesem Falle hat es eine Bedeutung, dass auch Helferinnen auf die Domaine kamen: Saskia schnappte sich nicht nur die Schere für die Lese, sondern gleich die Hand von Adrien. Sie betreiben das Gut in einer bemerkenswert engen Zusammenarbeit.

Ein Weingut eröffnen ist in den 20er Jahren nicht mehr nur eine Freude, sondern verzwickt wie ein Bühnenstück.
Rock- und Filmstars übernehmen gerne Weingüter, überlassen das Arbeiten anderen, den Verkauf ihrer Marketingabteilung und erzählen in Talkshows, wie erdend das Leben auf einem Weingut ist.
Als Belgier, der in der Region niemand kennt und keinen «Namen» hat, auch nicht in der Weinwelt ein Weingut zu eröffnen, ist eine völlig andere Größenordnung. Besonders in Zeiten des Klimawandels und der Übersättigung des Weinmarktes.

Die Trockenheit und Hitze des Klimawandels erfordern ein Umdenken im Weinbau.
Die immer größer werdende Hitze und die derzeit seit Jahren andauernde Trockenheit, die ebenso gut in Jahre der dauernden Nässe umschlagen kann, erfordern ein Umdenken. Im Weinbau, aber auch der Weinerzeugung.
Derzeit (im Jahr 2023) ist es die Trockenheit, die die Reben im Süden an die Grenzen der Lebensfähigkeit bringt. Es sind jedoch auch die Überreife der Trauben zum normalen Lesezeitpunkt, die Alkoholwerte und Weinstile hervorbringen, die zunehmend nicht mehr gewünscht werden.
Schwere Weine werden «out»
Sehr schwere Weine mit 16% Alkohol sind kaum noch Begleiter eines Essens, sie sind zu altmodisch. Der sehr hohe Gehalt an Zucker hat zudem zur Lese hin natürliche Fressfeinde auf die Bildfläche gerufen: Schädlinge, die in kürzester Zeit die komplette Lese zerstören können, werden noch mit biologischen Mitteln eingegrenzt, aber nicht gänzlich vertrieben. Vögel nutzen den prall gefüllten Weinberg ebenfalls ausgiebig.

Die Weinberge von Montluzia liegen weit verstreut und sind mit einem PKW nur schlecht zu erreichen. Ein umgebauter 2CV ist die Lösung.
Dass die Weinberge und auch der Weinkeller komplett biologisch zertifiziert sind, ist für moderne Winzer mittlerweile normal, jedenfalls für handwerkliche Winzer. Auch die Lese von Hand und spontane Gärung sind weitgehend im Qualitätsweinbau üblich.
Der neue Weinstil
Auf der Domaine de Montluzia sind es die leichten Weine, die das Wesen des Weingutes ausmachen. Die Trauben werden viel früher gelesen als früher und auch der Ausbau setzt nicht mehr auf eine besonders lange Maische, um einen dunklen und schweren Wein zu erzeugen.

Tanks sind immer öfter aus Ton, Beton oder Steinzeug.
Der Unterschied ist die Durchlässigkeit für Luft - in abnehmender Reihenfolge. Für den Ausbau der Weine planen und arbeiten die beiden zusammen. Ziel ist, die Aromen der Rebsorten zu betonen und nicht die Kraft, die in den Schalen der Beeren steckt.
Es sind natürlich Weine aus dem Corbières - es soll kein anderer Weinstil erzeugt werden. Nur sind die Weine dezenter, feiner in der Frucht als es übliche Weine dieser Rebsorten aus dem Süden sind.

Auswahl der Rebsorten, Weinstile, Verkaufsideen - ein Weingut zu führen bedeutet auch sehr viele Entscheidungen zu treffen.
Auf der Domaine Montluzia werden die Rebsorten Carignan, Grenache, Syrah, Muscat, Lledoner, Grenache Blanc et Grenache Gris, Rolle angebaut. Es sind die typischen Rebsorten der Appellation Corbières - es ist ein verwurzeltes Weingut, das nicht irgendetwas anders machen muss, weil sie neu begonnen haben.

Klassische Barrique finden sich neben modernen Fässern aus Beton
Die Weine von Montluzia sind auf ihre moderne Art auch typische Weine der Region - es werden sicher weitere Winzer diesem Weg der früheren Lese, des biologischen Anbaus im Weinberg mit bewusster Bepflanzung des Bodens zwischen den Rebzeilen.
Weine für die Zukunft
Es dürfte der einzig sinnvolle Weg sein, um ansprechende und anspruchsvolle Weine zu erzeugen, den Boden zu erhalten und den Anforderungen des Klimawandels zumindest zu begegnen.