Reblaus

Die Einschleppung der Reblaus aus Nordamerika führte zur nahezu vollständigen Zerstörung der Weinberge Europas.

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Reblaus

Die Reblaus und ihre Auswirkungen auf den europäischen Weinbau

Herkunft und Einschleppung der Reblaus

Die Reblaus (Daktulosphaira vitifoliae), ein winziges, aber äußerst zerstörerisches Insekt, verursachte im 19. Jahrhundert eine der größten Krisen in der Geschichte des europäischen Weinbaus. Ihre Einschleppung aus Nordamerika führte zur nahezu vollständigen Zerstörung der Weinberge Europas. Viele alte Rebsorten verschwanden aus den Weinbergen und wurden durch einige damals moderne Rebsorten ersetzt.

Die Reblaus stammt ursprünglich aus Nordamerika, wo einheimische Rebsorten (Vitis labrusca, Vitis riparia) eine natürliche Resistenz gegen diesen Schädling entwickelt hatten. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden amerikanische Reben nach Europa importiert, um die europäischen Weinberge gegen den Echten Mehltau zu schützen. Unbemerkt gelangte die Reblaus mit diesen Pflanzen nach Europa und fand in den hiesigen Weinbergen ideale Bedingungen vor. Die europäischen Rebsorten (Vitis vinifera) besaßen keine Abwehrmechanismen gegen die Reblaus, was zu einer raschen und verheerenden Ausbreitung führte.

Ausbreitung und Zerstörung

Erstmals wurde die Reblaus 1863 in Südfrankreich entdeckt. Innerhalb weniger Jahrzehnte breitete sie sich über den gesamten Kontinent aus und verursachte immense Schäden. In Frankreich wurden etwa 2,5 Millionen Hektar Rebfläche vernichtet, was rund 70% der gesamten Weinbaufläche entsprach. Auch andere Länder wie Deutschland, Italien, Spanien und Portugal blieben nicht verschont. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen waren gravierend: Viele Winzer verloren ihre Existenzgrundlage, und die Weinproduktion ging drastisch zurück.

Lebenszyklus und Schadwirkung der Reblaus

Die Reblaus durchläuft einen komplexen Lebenszyklus mit verschiedenen Stadien, die sowohl die Wurzeln als auch die Blätter der Reben befallen können. In Europa manifestiert sich der Schaden hauptsächlich an den Wurzeln. Die Reblaus sticht die Wurzeln an, saugt Pflanzensaft und injiziert dabei toxische Substanzen.

Dies führt zu Wucherungen und Nekrosen, wodurch die Wasser- und Nährstoffaufnahme der Pflanze gestört wird. In der Folge schwächt die Rebe und stirbt innerhalb weniger Jahre ab.

Bekämpfung der Reblaus

Die Suche nach effektiven Bekämpfungsmethoden war langwierig und von zahlreichen Fehlschlägen geprägt. Chemische Mittel wie das Fluten der Weinberge oder der Einsatz von Kohlenstoffdisulfid erwiesen sich als ineffektiv oder umweltschädlich.

Die letztlich erfolgreiche Lösung bestand im Pfropfen europäischer Edelreiser auf resistente amerikanische Unterlagsreben. Diese Methode nutzte die Reblausresistenz der amerikanischen Reben und bewahrte gleichzeitig die Qualität der europäischen Traubensorten. Dieses Verfahren ist bis heute weltweit Standard im Weinbau.

Langfristige Auswirkungen auf den Weinbau

  • Umstellung der Rebkulturen: Die Einführung amerikanischer Unterlagsreben veränderte die traditionellen Anbaumethoden und erforderte umfangreiche Neupflanzungen.
  • Verlust autochthoner Sorten: Einige lokale Rebsorten verschwanden, da sie sich nicht für die Pfropfung eigneten oder nicht rechtzeitig gerettet werden konnten.
  • Wissenschaftlicher Fortschritt: Die Krise förderte die Forschung in den Bereichen Pflanzenpathologie und Entomologie und führte zur Gründung von Weinbauinstituten.
  • Globalisierung des Weinbaus: Die Notwendigkeit, resistente Unterlagsreben zu importieren, verstärkte den internationalen Austausch und beeinflusste die Weinbaupraktiken weltweit.

Nach der Reblaus-Katastrophe des 19. Jahrhunderts wurden viele autochthone Rebsorten in verschiedenen Regionen Europas durch robustere, produktivere oder populärere französische Sorten ersetzt.

Dies führte zu einer erheblichen Veränderung der Rebkultur, insbesondere in Regionen wie dem Friaul, der Rhône, dem Languedoc und dem Südwesten Frankreichs. Hier eine detaillierte Betrachtung der jeweiligen Regionen und der Rebsorten, die durch französische Sorten ersetzt wurden:

Friaul (Italien)

Das Friaul ist eine der Regionen, die nach der Reblaus sehr konsequent die damals modernen französischen Rebsorten auf die unterlagsreben gepfropft hat. Emilio Bulfon ist einer der wenigen Winzer, die heute die alten Rebsorten wieder konsequent im Weinberg kultivieren.

Das Friaul ist eine der Regionen, die nach der Reblaus sehr konsequent die damals modernen französischen Rebsorten auf die unterlagsreben gepfropft hat. Emilio Bulfon ist einer der wenigen Winzer, die heute die alten Rebsorten wieder konsequent im Weinberg kultivieren.

Autonome Sorten vor der Reblaus:

  • Schioppettino: Eine rote Sorte, bekannt für ihre würzigen und pfeffrigen Noten.
  • Picolit: Eine weiße Sorte, traditionell für Süßweine verwendet.
  • Tazzelenghe: Eine kräftige, tanninreiche rote Sorte.
  • Refosco dal Peduncolo Rosso: Ein autochthoner Rotwein mit kräftiger Säure.

Französische Sorten nach der Reblaus:

  • Cabernet Sauvignon und Merlot: Im Zuge der Neubepflanzung nach der Reblaus wurden diese Sorten eingeführt, um den internationalen Markt besser bedienen zu können.
  • Sauvignon Blanc: Eine frühreife, aromatische weiße Rebsorte, die heute im Friaul eine wichtige Rolle spielt und autochthone weiße Sorten wie Picolit teils verdrängt hat.

Rhône (Frankreich)

Weinberg bei Cairanne an der Rhône. Laurent Brusset erzeugt hier mächtige Weine aus roten Rebsorten und feinsinnige Weißweine aus Cairanne.

Weinberg bei Cairanne an der Rhône. Laurent Brusset erzeugt hier mächtige Weine aus roten Rebsorten und feinsinnige Weißweine aus Cairanne.

Autonome Sorten vor der Reblaus:

  • Picardan: Eine weiße Sorte, die früher in der südlichen Rhône verbreitet war.
  • Bourboulenc: Eine weiße Sorte, die heute fast nur noch in kleinen Mengen vorkommt.
  • Vaccarèse (Brun Argenté): Eine rote Sorte, die einst in den Weinen der südlichen Rhône vertreten war.

Französische Sorten nach der Reblaus:

  • Grenache: Nach der Reblaus weit verbreitet, um ältere lokale Sorten wie Vaccarèse zu ersetzen.
  • Syrah: Ursprünglich aus der nördlichen Rhône stammend, wurde sie zunehmend auch in der südlichen Rhône gepflanzt.
  • Viognier: Diese aromatische weiße Sorte hat viele autochthone weiße Sorten wie Picardan in den Hintergrund gedrängt.

Languedoc (Frankreich)

Weinberg im Minervois. Auch im Languedoc wurden viele Rebsorten nach der Reblaus gegen solche ersetzt, wie einfacher im Weinberg zu halten sind und besseren Absatz versprachen. Oft waren es weniger ausdrucksvolle Weine, die gewonnen wurden. Aber auch einfacher zu konsumierende - kurz: die Langeweile machte sich durch die neuen Sorten oft breit.

Weinberg im Minervois. Auch im Languedoc wurden viele Rebsorten nach der Reblaus gegen solche ersetzt, wie einfacher im Weinberg zu halten sind und besseren Absatz versprachen. Oft waren es weniger ausdrucksvolle Weine, die gewonnen wurden. Aber auch einfacher zu konsumierende - kurz: die Langeweile machte sich durch die neuen Sorten oft breit.

Autonome Sorten vor der Reblaus:

  • Terret Noir: Eine rote Sorte, die in den Weinen des Languedoc früher häufiger vorkam.
  • Clairette: Eine weiße Sorte, die traditionell für Verschnittweine verwendet wurde.
  • Alicante Bouschet (autochthon in gewisser Weise): Eine Färbertraube, die in der Region verbreitet war.

Französische Sorten nach der Reblaus:

  • Carignan: Eine robuste Sorte, die nach der Reblaus eingeführt wurde und zur Hauptsorte im Languedoc wurde.
  • Cinsault: Diese rote Sorte ersetzte teils Terret Noir.
  • Syrah und Grenache: Beide Sorten wurden vermehrt angebaut und verdrängten viele autochthone Reben.

Südwesten Frankreichs

Autonome Sorten vor der Reblaus:

  • Fer Servadou: Eine rote Sorte, die in der Region traditionell verbreitet war.
  • Prunelard: Eine seltene rote Sorte, die heute fast ausgestorben ist.
  • Tannat: Ursprünglich eine autochthone Sorte, die jedoch trotz der Reblaus erhalten blieb.
  • Len de l’El: Eine autochthone weiße Sorte, die heute noch in kleinen Mengen existiert.

Französische Sorten nach der Reblaus:

  • Merlot und Cabernet Franc: Nach der Reblauskrise wurden diese Sorten aus Bordeaux eingeführt, um die Produktion zu stabilisieren.
  • Malbec: Ursprünglich autochthon, wurde sie jedoch in modernen Weinbergen oft durch Merlot ergänzt.
  • Chardonnay: In einigen Gebieten des Südwestens eingeführt, verdrängte diese international bekannte weiße Sorte Len de l’El teilweise aus der Produktion.
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