Entstehung und Wirkung
Was ist Apfelsäure?
Apfelsäure (chemisch: 2-Hydroxybutandisäure) ist eine von mehreren organischen Säuren, die natürlicherweise in der Weintraube vorkommen. Neben der Weinsäure zählt sie zu den wichtigsten Fruchtsäuren im Most.
Apfelsäure entsteht im Zuge des pflanzlichen Stoffwechsels der Trauben, vor allem während des frühen Traubenwachstums. Im Laufe der Reifung wird sie – im Gegensatz zur relativ stabilen Weinsäure – nach und nach abgebaut.
Einfluss auf den Geschmack
Apfelsäure hat einen deutlich spürbaren, grünen und oft kantigen Säurecharakter. Ihr Geschmack erinnert, wie der Name nahelegt, an unreife Äpfel. In geringen Mengen kann sie dem Wein Frische verleihen, in höheren Konzentrationen jedoch als unangenehm spitz empfunden werden. Besonders bei unreif geernteten Trauben kann die Apfelsäure den Wein unausgewogen wirken lassen.
Wie viel Apfelsäure ist im Wein?
Der Gehalt an Apfelsäure variiert stark und hängt von mehreren Faktoren ab:
- Rebsorte: Sorten wie Riesling oder Sauvignon Blanc speichern oft höhere Apfelsäurewerte.
- Klimabedingungen: In kühlen Jahrgängen oder Anbaugebieten bleibt mehr Apfelsäure erhalten.
- Reifezeitpunkt: Früh geerntete Trauben enthalten mehr Apfelsäure als spät gelesene.
Biologischer Säureabbau – die malolaktische Gärung
Ein zentraler Mechanismus zur Reduktion der Apfelsäure ist die sogenannte malolaktische Gärung (auch BSA oder MLF = malolactic fermentation). Dabei wird die Apfelsäure durch Milchsäurebakterien (Oenococcus oeni und andere) in die mildere Milchsäure und CO2 umgewandelt. Der Prozess erfolgt meist nach der alkoholischen Gärung, entweder spontan oder durch gezielte Impfung.
Was passiert bei der malolaktischen Gärung?
- Die Apfelsäure wird zu einer einfacheren, weicheren Milchsäure abgebaut.
- CO2 entsteht als Nebenprodukt und entweicht.
- Die Gesamtsäure im Wein sinkt leicht, der pH-Wert steigt.
- Der Geschmack wird runder, cremiger und oft buttriger – besonders bei Chardonnay.
Welche Weine durchlaufen keine malolaktische Gärung?
Es gibt stilistische und technische Gründe, auf den Säureabbau zu verzichten:
- Frische Weißweine: Viele Rieslinge, Sauvignon Blancs oder Verdejos sollen ihre Frische und klare Säurestruktur behalten.
- Schaumweine: Grundweine für Sekt oder Champagner sollen lebendige Säure bewahren und durchlaufen daher meist keine malolaktische Gärung.
- Reifepotenzial: Apfelsäure ist mikrobiologisch stabiler als Milchsäure – in manchen Fällen bleibt sie deshalb bewusst erhalten.
Was kann der Winzer tun?
Der Umgang mit Apfelsäure beginnt im Weinberg und setzt sich im Keller fort:
Im Weinberg:
- Spätere Lese: Fördert den natürlichen Abbau der Apfelsäure in der Traube.
- Laubarbeit: Erhöht die Sonneneinstrahlung auf die Trauben und begünstigt Reifung und Säureabbau.
Im Keller:
- Spontaner oder gezielter Säureabbau: Je nach Weinphilosophie kann die malolaktische Gärung gefördert oder unterdrückt werden.
- Temperatursteuerung: Temperaturen über 18 °C begünstigen die MLF, niedrigere hemmen sie.
- SO2-Management: Schwefelzugabe kann die MLF unterbinden.
- Filtration: Entfernt Milchsäurebakterien und verhindert eine spontane MLF im Flaschenlager.
Apfelsäure in Natur- und Orangeweinen
In Naturweinen, bei denen auf Schwefelung und sterile Filtration verzichtet wird, findet die malolaktische Gärung häufig spontan statt. Hier ist Erfahrung entscheidend, um einen stabilen und ausbalancierten Wein zu erzeugen. Auch in Orangeweinen bleibt Apfelsäure oft erhalten – der Tanningehalt und die Maischestandzeit wirken sich ebenfalls auf die Wahrnehmung der Säure aus.
Apfelsäure im Wein – eine Frage des Stils
Apfelsäure beeinflusst den Stil, Frische und Reifepotenzial eines Weines. Ihr gezielter Abbau durch malolaktische Gärung ist ein wichtiges Werkzeug der Weinbereitung, das differenziert eingesetzt werden sollte – je nach gewünschtem Profil des Weins und der natürlichen Voraussetzungen im Jahrgang.