Die Gärung zur Weinerzeugung
Die einfache Beschreibung der Gärung
Die Gärung ist komplexer Vorgang, der meist sehr verkürzt dargestellt wird: Hefe, insbesondere Saccharomyces cerevisiae, wandelt Zucker (Glukose und Fruktose) in Alkohol (Ethanol) und CO2 um.
Die Realität
Das stimmt zwar, lässt jedoch einige Vorgänge außen vor: zum einen gibt viele verschiedene Hefen, die im Most der Trauben arbeiten können. Die alkoholische Gärung ist für die Hefen ein Umweg, da im Most kein Sauerstoff zur Verfügung steht.
Sie gewinnen ihre Energie daher über Umwege: Enzyme, die die Hefen produzieren, spalten die beiden Zuckerarten Glukose und Fruktose in eine Reihe von Abbauprodukten. Die werden zum Teil von den Hefen verarbeitet, zum Teil von anderen Prozessen weiter verarbeitet.
Es entsteht bei diesen vielen Prozessen eine große Zahl an Stoffen, die das Aroma des Weines beeinflussen. Einige dieser Prozesse wiederum benötigen Vorprodukte, die von der Rebe nur unter bestimmten Bedingungen erzeugt werden - daher sind die Jahrgänge verschieden.
Hefen spielen hierbei eine entscheidende Rolle, da sie die notwendigen Enzyme produzieren, die diesen biochemischen Vorgang ermöglichen. Dieser Prozess bestimmt maßgeblich die Eigenschaften des Weines, einschließlich seines Aromas, Geschmacks und Alkoholgehalts.
Moderne Möglichkeiten der Steuerung der Gärung
Winzer nutzen heute eine Vielzahl von Techniken, um die Gärung optimal zu beeinflussen. Insbesondere Temperaturkontrolle, die Auswahl von Hefestämmen und absolute Sauberkeit im Weinkeller spielen eine entscheidende Rolle:
Kühlung im Weinkeller
Die Kühlung des Mostes ist eine der wichtigsten Techniken, um die Gärung zu steuern. Moderne Edelstahltanks sind mit präzisen Kühlsystemen ausgestattet, die es ermöglichen, die Gärtemperatur exakt zu kontrollieren.
Durch Kühlung des Mostes können Winzer gezielt Frische und Fruchtigkeit im Wein hervorheben. Bei Weißweinen liegt die ideale Gärtemperatur zwischen 12 und 16 °C. Diese niedrigen Temperaturen verlangsamen die Gärung, wodurch mehr primäre Aromen wie Zitrus- und Blütennoten erhalten bleiben.
Im Gegensatz dazu wurden Weine früher oft ohne Kühlung vergoren. Die unkontrollierte Gärung führte zu hohen Temperaturen, die über 30 °C steigen konnten, was häufig zu einem Verlust an Frische und einer Entwicklung von schwereren, oxidierten Aromen führte.
Bei Rotweinen, die heute bei Temperaturen zwischen 20 und 30 °C vergoren werden, bietet die gezielte Temperatursteuerung ebenfalls Vorteile: Niedrigere Temperaturen erzeugen fruchtigere, leichtere Weinstile, während höhere Temperaturen den Abbau von Tanninen fördern und vollere, strukturierte Weine entstehen lassen.
Einfluss der Gärtemperatur auf die Aromen
Die Gärtemperatur hat direkten Einfluss auf die Entwicklung der Aromen. Bei niedrigeren Temperaturen (<16 °C) entstehen bei der Gärung mehr Ester, die für fruchtige und florale Noten verantwortlich sind. Dies ist besonders wichtig bei Weißweinen wie Sauvignon Blanc oder Riesling. Höhere Temperaturen (>25 °C) fördern die Extraktion von Farb- und Gerbstoffen, was bei Rotweinen wie Cabernet Sauvignon oder Syrah von Bedeutung ist. Zu hohe Temperaturen können jedoch die Hefen stressen, wodurch unerwünschte Aromen wie Acetaldehyd oder Ethylacetat entstehen können.
Absolute Sauberkeit im Weinkeller
Ein weiterer entscheidender Faktor für die Qualität des Weins ist die Hygiene im Weinkeller. Absolute Sauberkeit verhindert die Kontamination des Mostes durch unerwünschte Mikroorganismen wie Essigsäurebakterien oder wilde Hefen, die zu fehlerhaften Aromen oder einem vollständigen Abbruch der Gärung führen können. Tanks, Schläuche, Pumpen und andere Geräte müssen nach jedem Gebrauch gründlich gereinigt und sterilisiert werden. Moderne Weinkeller setzen dabei auf Edelstahl und hygienische Schweißnähte, die eine einfache Reinigung ermöglichen.
Gezielte Auswahl von Hefestämmen
Zusätzlich zur Temperaturkontrolle und Hygiene können Winzer durch die Auswahl spezifischer Hefestämme die Gärung beeinflussen. Reinzuchthefen ermöglichen, bestimmte Aromen hervorzuheben, etwa tropische Fruchtnoten bei Weißweinen oder würzige Noten bei Rotweinen. Das klingt gut, die Weine wirken jedoch praktisch immer überzogen aromatisch, unausgewogen. Letztes gilt für die «Aromahefen», die solche Aromen produzieren.
Die neutralen Hefen, die nur den Zucker umsetzen, bilden auch nur neutralen Geschmack aus. Der wirkt dann nicht störend, aber auch nicht anturnend.
Spontangärung, bei der natürliche Hefen verwendet werden, kann hingegen komplexere und terroirgeprägte Weine hervorbringen, erfordert jedoch noch strengere Sauberkeit und ein sorgfältiges Monitoring des Gärverlaufs.
Die Temperatur der Gärung
Die entstehende Wärme während der Gärung erhöht die Temperatur der Maische und erhöht auch die Gärgeschwindigkeit - der Most wird noch wärmer. Eine zu hohe Temperatur kann jedoch zu unerwünschten Aromen führen, weshalb die Temperatur während der Gärung sorgfältig kontrolliert werden muss.
Temperaturen und Weinstile
Die Wahl der Gärtemperatur ist entscheidend für die Stilistik des Weins:
- Weißweine: Temperaturen zwischen 12 und 16 °C fördern frische, fruchtige und blumige Aromen. Bei höheren Temperaturen (16–20 °C) entwickeln sich reifere und würzigere Noten, was bei Weißweinen wie Chardonnay gewünscht sein kann.
- Rotweine: Für fruchtige, leichte Rotweine wie Beaujolais liegt die Gärtemperatur zwischen 20 und 25 °C. Für strukturierte und tanninreiche Weine wie Bordeaux-Rotweine werden Temperaturen von 28 bis 30 °C gewählt, um maximale Extraktion zu erreichen.
Einfluss der Gärung auf die Weinqualität
Der Gärprozess beeinflusst die Entwicklung der Aromen, die Textur und die Komplexität des Weins. Durch verschiedene Behandlungen und Anpassungen während der Gärphase können Winzer den Charakter des Weins entsprechend den gewünschten Eigenschaften formen.
Gärverfahren
Es gibt verschiedene Gärverfahren, die je nach Weintyp und gewünschtem Geschmacksprofil eingesetzt werden:
- Kaltvergärung: Bei diesem Verfahren wird der Most bei niedrigen Temperaturen vergoren, um die Fruchtigkeit und Frische des Weins zu betonen.
- Spontangärung: Hierbei wird auf die Zugabe von Reinzuchthefen verzichtet, und die natürlichen Hefen auf den Trauben und im Keller initiieren die Gärung. Dies kann zu komplexeren Aromen führen, birgt jedoch auch Risiken hinsichtlich der Gärstabilität.
- Malolaktische Gärung: Nach der alkoholischen Gärung kann eine zweite Gärung stattfinden, bei der Milchsäurebakterien die scharfe Apfelsäure in weichere Milchsäure umwandeln. Dies führt zu einem milderen Geschmack und einer erhöhten mikrobiologischen Stabilität des Weins.
Gärbehälter
Die Wahl des Gärbehälters beeinflusst ebenfalls den Gärprozess und das Endprodukt:
- Edelstahltanks: Sie ermöglichen eine präzise Temperaturkontrolle und sind inert, sodass sie den Geschmack des Weins nicht beeinflussen.
- Holzfässer: Sie können dem Wein zusätzliche Aromen verleihen und den Gasaustausch fördern, was die Mikrooxidation begünstigt.
- Betonbehälter: Sie bieten thermische Stabilität und können dem Wein eine besondere Textur verleihen.