Eine cuvée kommt aus dem cuve
Es gibt in Frankreich keinen Friseur, man geht zum coiffeur, um sich die Haare machen zu lassen. Das Wort cuvée gibt es wohl in Französisch, nur ist seine Bedeutung eine völlig andere als in Deutsch.
Klar und rein soll er sein, der Wein
«Wie, der Wein besteht aus verschiedenen Rebsorten? Schütten die das zusammen?» hat mich eine Kundin entsetzt gefragt, als ich ihr die Rebsorten eines Weines von der Rhône aufzählte.

Die Cuvée Syrus - einer reiner Syrah von einem Weinberg im Minervois. Es ist der Stolz des Weingutes Babio und die Reben für diesen Wein wurden mir mit großem Enthusiasmus von der Winzerin Cécile Weissenbach präsentiert.
Der Begriff Cuvée ist in Deutsch schon wegen der Schreibweise ein Fremdwort, wird mit Verschnitt übersetzt und nun weiß ein jeder: ein Verschnitt ist schlechten Wein zu gutem zu schütten, um ihn teuer zu verkaufen.
Warum Cuvée in Deutsch meist negativ klingt
Warum «verschneiden» derart negativ belegt ist, liegt an unterschiedlichen Ursachen und darauf bin ich unter dem Stichwort Verschnitt tiefer eingegangen. Um den Begriff Cuvée neutral zu betrachten, möchte ich die verschiedenen Aspekte der Erzeugung von Cuvées beschreiben.
Der Verschnitt ist auch im deutschen Sprachraum üblich
In vielen Regionen ist der «gemischte Satz» üblich - etwa an der Nahe Traminer mit Riesling in einem Weinberg. Auch im Burgenland wurde historisch die Trennung der Rebsorten nie streng gesehen, gerade bei kleinen Familienwinzern.

Die Mosel liegt im kühlen Norden. Den Riesling mit milderen Rebsorten weicher zu machen hat eine lange Tradition. Wie auch in anderen Regionen.
Es war immer schon üblich und zugelassen, an der Mosel etwa wurde der sehr kernige Riesling etwa durch Elbling, Müller-Thurgau oder Kerner gemildert.
Es sprach niemand darüber
Statt diese Praktik als Qualitätsmerkmal herauszustellen, sprachen Winzer selten über dieses Verfahren und Kunden interessierte es nicht sonderlich. Es wurde nicht von Verschnitt gesprochen und natürlich erst recht nicht von Cuvée.
Der strenge Blick der Gesetze und Skandale
Seit der Weinrechtsnovelle von 1971 ist geregelt, dass ein Wein mit einer Rebsorte auf dem Etikett auch 15% andere Rebsorten enthalten darf, ohne dass dies erwähnt oder gesondert ausgezeichnet werden muss. Cuvées waren und sind also üblich, aber immer noch eher insgeheim.
Skandale in den 1980er Jahren
Völlig unvorbereitet trafen dann die Skandale in den 80er Jahren die Verbraucher: im Glykolskandal wurde Gift in den Wein geschüttet, um ihn süßer zu machen.

Weinbau ist harte Arbeit - dazu hatten nicht alle im Weingeschäft Lust. Ein schönes Leben auf Kosen anderer war das Lebensmodell. Weine wurden gepanscht und weit überteuert verkauft.
Mit einem Schlage wurde bekannt, dass billige Weine aus Slowenien die Mengen von Steirischem Wein vermehrten, jahrelang Weine aus dem warmen Baden die kühlen Weine an der Mosel gefälliger gemacht haben.
In Frankreich kam heraus, dass viele teure Bordeaux Weine mit dunklem Carignan aus dem Süden - oder noch schlimmer: mit Wein aus Algerien - gepanscht wurde.
Strenge Gesetze gegen das Verschneiden
Die Folge waren strenge Auflagen, ob und welche Weine verschnitten werden durften, geboren aus den Panschereien.
Das Positive der Cuvée blieb das Geheimnis der Winzer

Die Praxis, verschiedene Weine zu einem harmonischen Gesamtbild zu fügen, kam zusammen mit den Skandalen heraus. Hätten die deutschsprachigen Winzer früher schon darüber gesprochen, dass sie verschiedene Rebsorten oder Lagen zu Weinen kombinieren - sie hätten viel zu erzählen über ihre herrlichen Weine.
Sie haben aber nicht über ihre Cuvées gesprochen, sondern das Gepansche kam heraus und wird gedanklich mit der Cuvée verknüpft.
Was bedeutet Cuvée?
Die Behälter, in denen Weine vergoren werden, heißen in Französisch cuve und was in dem Behälter ist, heißt cuvée. Cuver ist auch ein Verb für Gären, meist wird allerdings fermenter verwendet.
Cuvée: der Wein aus dem cuve
Ob in dem cuve der Wein nur eines Weinberges enthalten ist oder verschiedene Weine; eine oder mehrere Rebsorten, aus denen der Wein erzeugt wurde, ist unerheblich: aus dem cuve wird die Cuvée abgefüllt.
Eine assemblage sind Weine verschiedener Rebsorten
Verschiedene Weine, sei es aus verschiedenen Weinbergen oder verschiedene Rebsorten zu einem Wein zu kombinieren, ist in ganz Europa üblich. In Frankreich ist ein solcher Wein eine assemblage, nicht cuvée
In Spanien (als «coupage» oder «mezcla») und Italien («uvaggio» oder «assemblaggio») wird das Verfahren genutzt, allerdings meist ohne die französische Bezeichnung.

Verschiedene Weinberge sind in den Fässern enthalten. Die Weine reifen unterschiedlich und wirken oft zusammen schöner als einzeln abgefüllt: der Sinn der Cuvée. Auf der Domaine Mas des Caprices im Languedoc.
Ist eine Assemblage ein Verschnitt?
Technisch gesehen ist eine Assemblage ein Verschnitt – doch der Begriff ist neutral und nicht den negativen Klang wie Verschnitt im deutschen Sprachraum. Eine Assemblage entsteht nicht durch zufälliges Mischen, sondern durch gezielte Kombination von Weinen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Ziel ist es, Struktur, Aromatik, Säure und Länge harmonisch aufeinander abzustimmen.
Im französischen Sprachgebrauch bezeichnet «Cuvée» ursprünglich den Inhalt eines Gärbehälters (von französisch cuve für 'Gärbehälter'). Daher kann eine Cuvée in Frankreich sowohl ein Verschnitt mehrerer Rebsorten als auch ein Wein aus einer einzelnen Lage sein.
Besonders hochwertige Weine werden gelegentlich als Tête de cuvée oder Cuvée Prestige bezeichnet. Beim Champagner wird der zuerst aus der Kelter ablaufende Most, der die höchste Qualität aufweist, ebenfalls als Cuvée bezeichnet.
Im deutschsprachigen Raum hingegen ist «Cuvée» ein Synonym für Verschnittwein. Dies bedeutet entweder das gemeinsame Keltern oder Vergären verschiedener Rebsorten in einem Gärbehälter oder das spätere Verschneiden von Weinpartien unterschiedlicher Rebsorten oder Lagen. Auch der so gewonnene Wein wird als Cuvée bezeichnet.
Warum verschiedene Weine oder Rebsorten zu einem kombiniert werden
Die Kunst des Vermählens verschiedener Weine zu einem Wein verfolgt mehrere Ziele:
- Ausgleich von Reifeunterschieden: Unterschiedliche Rebsorten reifen zu verschiedenen Zeiten. Durch das Verschneiden kann der Winzer Weine mit optimaler Reife kombinieren und somit eine gleichbleibende Qualität sicherstellen.

Schon im Weinberg werden die Beeren auf ihre Eignung für die Weine des Gutes geprüft und sorgfältig ausgewählt. Auf der Domaine Mas de Mon Père im Malepère.
- Harmonisierung der Aromen: Jede Rebsorte bringt spezifische Aromen und Geschmacksnoten mit sich. Durch die Kombination verschiedener Sorten kann ein ausgewogenes und komplexes Geschmacksprofil erzielt werden.
- Anpassung von Alkoholgehalt und Säure: Verschiedene Rebsorten weisen unterschiedliche Alkohol- und Säurewerte auf. Durch das Verschneiden kann der Winzer den gewünschten Alkoholgehalt und die Säurebalance erreichen.
- Farbintensität: Insbesondere bei Rotweinen kann durch die Zugabe von farbintensiven Rebsorten die Farbgebung des Weins beeinflusst werden. Bereits ein geringer Anteil von etwa 5% einer farbintensiven Sorte kann die Farbintensität deutlich erhöhen.
Vorgaben in Appellationen und Konsequenzen bei Abweichungen
In vielen Weinbaugebieten, insbesondere in Frankreich, sind die Herstellungsmethoden und Zusammensetzungen der Weine durch Appellationsvorschriften streng geregelt. Diese Vorschriften definieren unter anderem:
- Zugelassene Rebsorten: Für jede Appellation ist festgelegt, welche Rebsorten verwendet werden dürfen und in welchem Verhältnis sie im Endprodukt enthalten sein müssen.
- Anbauzonen und Ertragsmengen: Die geografische Herkunft der Trauben und die maximal erlaubte Erntemenge pro Hektar sind festgelegt, um die Qualität und Typizität der Weine zu gewährleisten.
- Vinifikationsmethoden: Bestimmte Herstellungsverfahren, wie die Art der Gärung oder Lagerung, sind vorgeschrieben, um den Charakter der Appellation zu bewahren.
Wenn Winzer von diesen Vorgaben abweichen, dürfen ihre Weine nicht unter der geschützten Appellationsbezeichnung vermarktet werden. Solche Weine werden dann häufig als «Vin de France» klassifiziert, was der untersten Qualitätsstufe entspricht. Diese Weine können aus Trauben verschiedener Regionen Frankreichs erzeugt sein, eine oder mehrere Rebsorten in einem Wein enthalten und der Ertrag ist auch nicht festgelegt.
Gibt es Weine verschiedener Rebsorten nur bei Rotwein?
Nein. Verschiedene Rebsorten werden zu Rotwein, Weißwein, Rosé und Schaumwein zusammengeführt. Besonders bekannt sind Rotweine verschiedener Rebsorten aus Südfrankreich (etwa Grenache, Syrah, Mourvèdre) sowie Weißweine aus Bordeaux (Sauvignon Blanc und Sémillon). Auch Champagner ist oft, wenn auch längst nicht immer – eine Komposition aus Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier.
Regionale Unterschiede – warum im Süden oft mehre Rebsorten in einem Wein verwendet werden und sogar vorgeschrieben sind
In südlichen Weinregionen wie dem Languedoc, dem Roussillon, Teilen der Provence, des Rhône-Tals sowie in Zentralspanien oder Süditalien gedeihen viele Rebsorten nebeneinander problemlos. Das milde Klima, stabile Reifebedingungen und geringe Pilzgefahr ermöglichen es den Winzern, mehrere Sorten zuverlässig auszubauen. Diese Vielfalt wird genutzt, um Weine mit Tiefe, Ausgewogenheit und regionaler Identität zu erzeugen.
Im Gegensatz dazu sind in nördlicheren Regionen wie dem Burgund, dem Elsass, der Loire oder in Norditalien (z. B. Piemont, Südtirol) die klimatischen Bedingungen enger gefasst. Dort konzentriert man sich oft auf einzelne, bewährte Sorten wie Pinot Noir, Chardonnay oder Riesling. Diese werden zwar manchmal auch in Cuvées verwendet – etwa durch Ausbau verschiedener Parzellen oder Fässer – doch reinsortige Weine sind hier deutlich häufiger.
Cuvée, Assemblage oder Blend – was ist der Unterschied?
«Cuvée» ist der französische Begriff für einen Wein, unabhängig davon, wie viele Rebsorten er enthält. «Assemblage» bezeichnet den eigentlichen Vorgang des Zusammenstellens und «Blend» ist die englischsprachige Variante. Im internationalen Sprachgebrauch werden diese Begriffe oft synonym verwendet. In Italien spricht man von „uvaggio“ (Traubenzusammensetzung) oder „assemblaggio“ (Zusammenstellung). In Spanien ist «mezcla» (Mischung) oder «coupage» gebräuchlich.
Sind Weine verschiedener Rebsorten schlechter als reinsortige Weine?
Nein. Die Qualität eines Weines hängt von den einzelnen Bestandteilen und der Sorgfalt beim Kombinieren ab. Viele der besten Weine Europas – darunter alle Champagner, fast alle Weine aus Bordeaux und viele Spitzenweine aus Spanien und Südfrankreich – sind Weine verschiedener Rebsorten.