Säure im Wein
Die Säure ist eine tragende Säule des Eindrucks, den ein Wein vermittelt. Fehlt einem Wein die Säure, wirkt er immer flach. Ab wann ein Wein «zu viel» Säure hat, hängt hingegen vom persönlichen Geschmack ab und von der Art der Säure.
Gerbsäure
Die Gerbsäuren sind weitgehend Rotweinen eigen, denn sie stammen aus den Schalen der Beeren. Rote Beeren haben mehr Gerbsäuren als weiße Beeren, und in Rotwein sind sie fast immer erwünscht, in Weißwein hingegen fast nie.
Fruchtsäure
Fruchtsäuren stammen aus dem Inneren der Beeren, und diese werden meist mit dem Begriff Säure im Wein gemeint. Die Fruchtsäuren sind im Wesentlichen Weinsäure und Apfelsäure. Die Weinsäure kommt nur in den Früchten der Reben vor – daher ihr Name.

Säure, Zucker und Extrakt der Beeren in den Wochen vor der Lese
Fehlende Säure
Fehlt gutem Weißwein die Fruchtsäure, wirken sie langweilig und ölig. Viele großartige Weine aus Sancerre, Chablis oder dem Friaul haben sogar recht viel Säure und zählen gerade darum zu den besonderen Weißweinen. Egal, ob Gerbsäure oder Fruchtsäure: Fehlt dem Wein Volumen und Aroma, die zu den Säuren passen, fehlt dem Wein die Balance. Er wirkt spitz und wenig erfreulich. Das harmonische Gleichgewicht von Säure und Aroma wird von der Lage der Weinberge, den Rebsorten, dem Klima im Weinberg und vom Können des Winzers bestimmt.
Fruchtsäure und Reife
Die Fruchtsäuren entstehen im Inneren der Beeren zu Beginn des Sommers und werden zum Ende der Reife abgebaut. Steigt der Gehalt an Zucker der Beeren, sinkt gleichzeitig ihr Säuregehalt.
Die sogenannte physiologische Reife, genauer gesagt bei Rotweinen auch die phenolische Reife, wird nicht gemessen – sie wird geschmeckt. Winzer probieren Beeren und prüfen, ob der Geschmack schon voll ist, welche Farbe die Kerne haben und wie die Gerbsäure der Kerne mit dem Geschmack harmoniert.
Dominieren unschöne, grüne, unreife Aromen im Mund, ist die geschmackliche Reife noch nicht erreicht. Diese phenolische Reife entwickelt sich erst, wenn kaum noch Zucker in den Beeren gebildet wird, die Fruchtsäure hingegen bereits abnimmt.
Lesezeitpunkt
Zur Lese müssen die Winzer abwägen, wie hoch der Zucker in den Beeren steigt, wie viel Säure in den Beeren bleiben soll und welchen Gehalt an Farbe und Extrakt für den gewünschten Weinstil erforderlich ist.
Der Zeitpunkt der Lese bestimmt wesentlich den Gehalt der Säuren im Wein und ist abhängig vom Verlauf des Weinjahres und dem Wetter um die Lese.
Die Fruchtsäure enthält Weinsäure und die als aggressiv empfundene Apfelsäure.

Apfel- und Weinsäure entwickeln sich verschieden zum Ende der Reife.
Der Verlauf der Säure bei der Reife der Beeren
Während die Weinsäure weitgehend stabil in der Beere bleibt, wird die Apfelsäure zum Ende der Reife abgebaut. Ein hoher Gehalt an Apfelsäure in unreifen Beeren lässt die Beeren sauer schmecken - die Vögel mögen sie dann noch nicht.
Für die Reben ist es sinnvoll, wenn Vögel reife Beeren und ihre Kerne picken, aus denen neue Reben entstehen. Für Winzer ist das natürlich nicht sinnvoll, aber auch die wollen keine Apfelsäure und lesen erst, wenn sie zurückgegangen ist.
Wein- und Apfelsäure
Der Rückgang von Wein- und Apfelsäure hängt von den Temperaturen in der Nacht ab: ist es nachts kühl, ist der Rückgang gering. Sind die Nächte angenehm warm, fällt die Säure stärker ab.
Tiefe Temperaturen in der Nacht erhält die Säure
Der Rückgang von Wein- und Apfelsäure hängt von den Temperaturen in der Nacht ab: Ist es nachts kühl, ist der Rückgang gering. Sind die Nächte angenehm warm, fällt die Säure stärker ab.
Dieser starke Abfall der Säure bei hohen Temperaturen in der Nacht ist der Grund, warum in kühleren nördlichen Regionen wie dem Burgund, Chablis oder der Champagne Weine angebaut werden, die eine relativ hohe Säure benötigen.

Säure, Zucker und Extrakt der Beeren in den Wochen vor der Lese. In warmen Regionen wird mehr Säure abgebaut als in kühleren Weinregionen.
Säure im gekauften Wein reduzieren
Die Fruchtsäure kann man nur bedingt reduzieren. Ein Riesling wird immer frisch schmecken. Hat der Wein zu viel Tannin oder Gerbstoff – er schmeckt bitter oder klebt an der Zunge – kann man den Wein karaffieren.
Wenn man keine breite Karaffe im Schrank stehen hat, kann man einen solchen Wein auch dekantieren. Es dauert nur länger, bis der gewünschte Effekt erreicht ist und der Wein milder geworden ist.