Mit der Flasche fing es an
Die traditionelle Methode der Gärung in der Flasche unterscheidet sich grundlegend von der Gärung im Tank wie dem Charmat-Verfahren. In der Flasche gären die Weine viele Monate, auch Jahre, im Tank nur wenige Tage oder Wochen.
Die zweite Gärung
Schaumweine, egal ob Prosecco, Crémant oder Champagner, werden aus Grundweinen hergestellt. Die Lese wird wie bei einem Stillwein vergoren, die erste Gärung. Der Wein hat dann keine Perlage oder Bläschen, auch weniger Alkohol und Aroma als ein normaler Wein: es sind die Eigenschaften, die ein Grundwein für Schaumwein haben soll.
Die zweite Gärung findet in einem geschlossenen Behälter statt, damit das entstehende CO2 nicht in den Weinkeller entweicht, sondern im Wein gelöst wird: die Blasen entstehen. Dafür wird dem Grundwein eine Dosage aus Zucker und Hefe zugesetzt. Die «tirage».
Nach der Gärung bleibt die Hefe in dem Behälter, ob nun Flasche oder Tank, und wird fast immer abgetrennt, bevor der Schaumwein verkauft wird. Fast immer.
Die Hefe im Schaumwein
Die ersten Schaumweine wurden in Limoux entwickelt. Die zweite Gärung war zuvor eher ein Unfall, wenn die Weine in früh kühlen Herbsten das gären aufhörten und beim Kunden oder auf dem Transport wieder anfingen. Wegen der mangelnden Hygiene was das Ergebnis meist Essig. In Limoux fand man heraus, wie aus besonderen Grundweinen der herrliche Crémant entsteht.
Dom Perignon hat bei den Mönchen in Limoux begeistert zugeschaut und sein Wissen mit in die Champagne genommen. Seine Äpte sollen ihn mächtig gescholten haben, weil er die guten Weine versauen wollte. Es kam bekanntlich anders.
Mit den Flaschen begann der Siegeszug
Die Champagne hatte bessere Beziehungen zu England und daher Glasflaschen, die dem Druck der Weine nach der zweiten Gärung standhielten. In Limoux wurde Schaumwein zwar erfunden, aber die Flaschen fehlten.
Kurz: die zweite Gärung begann erst in der Flasche erfolgreich zu sein.
Die Hefe soll nicht weg
Nun blieb und bleibt das «Problem», dass die Hefe nach der Gärung in der Flasche verbleibt, der Schaumwein trüb ist. Beim bäuerlichen Prosecco lässt man die Hefe einfach in der Flasche. Das hieß früher Méthodo rural «bäuerlich», heute Pét Nat für die Hipster, von pétillant naturel. Prosecco Winzer, die etwas auf sich halten, nennen ihre Prosecchi «sui Lieviti» - auf der Hefe.
Solche Weine sind vollkommen durchgegoren, also staubtrocken. Und an der Trübe mag sich stören, wer mag. Die feinen Hefenoten geben dem Wein ein besonderes Aroma, dass sich zudem bei längerer Reife in der Flasche immer weiter verfeinert. «Autolyse».
Die Hefe soll weg
Weil nun doch vielen das trübe Zeug im Glas auch die Freude trübt, wird fast immer die Hefe aufwändig aus dem Schaumwein entfernt.
Die traditionelle Methode oder traditionelle Flaschengärung
Über lange Zeit wurde die Flasche nach der Gärung in Rüttelpulte gestellt, die Hefe sank zur Öffnung der Flasche und bildet einen Pfopfen... sofern die Flasche in einem ausgeklügelten System gedreht und immer weiter geneigt wird. Die Aufgabe «remuage» übernimmt der Rüttler, feinsinnige Menschen, die hunderte und tausende Flaschen um einen exakten Wert drehen können.
Der Kronkorken auf der Champagnerflasche
Am Ende dieses aufwändigen Verfahrens liegt die Hefe als fester Pfrophen in der Öffnung der Flasche, gehalten vom Kronkorken, der die Flasche bei der zweiten Gärung verschießt. Daher haben Sekt- und Champagnerflaschen den Wulst für den Kronkorken.
Der Kopf der Flasche wird vereist, der Kronkorken geöffnet, die Hefe zischt raus, etwas vom Wein auch. Die Flasche wird wieder gefüllt und der entgültige Korken eingesetzt und mit dem Drahtbügel gesichert.
Was in die Flasche nachgefüllt wird...
ist ein Welt für sich. Fast immer wird Süße zugegeben. Diese «Dosage» bestimmt die Süße des Schaumweines - nach der zweiten Gärung ist er vollkommen zuckerfrei. Es können Reserveweine sein, Traubenmost, reiner Zucker (selten) oder eine Mischung aus den dreien. Und man kann aus einer anderen Flasche nachgießen, dann bleibt der Schaumwein praktisch frei von Restzucker. «brut nature», «dosage zero».
Flaschengärung ohne das «traditionell»: das Transvasierverfahren
Das Rütteln ist ein erheblicher Kostenfaktor und es hat einen Nachteil, der im Detail liegt: beim Öffnen des Kronkorkens entweicht nicht immer exakt gleich viel vom Wein. Bei der Befüllung treten Schwankungen auf, die zu Unterschieden der Süße führen. Teilweise so groß, dass sie bemerkbar sind.
Um diese Nachteile zu umgehen waren druckfeste Tanks nötig, die lebensmittelecht erst Mitte des 20. Jahrhunderts zur Verfügung standen. Die vergorenen Flaschen werden nun komplett unter Druck in den Tank gefüllt und die Hefe dort sicher und technisch entfernt. Die Dosage wird einmal in den Tank gegeben und neue Flaschen werden befüllt.
Unterschied von traditionell und nicht traditionell
Das Besondere der Flaschengärung ist die lange Zeit auf der Hefe. Über die Autolyse bilden sich besondere Aromen und sehr feine Partikel im Wein, die als feine Verdampfungskeime wirken. Die Perlage wird fein und stabil.
Schüttet man einen solchen Wein in einen Tank, können besonders diese Feinheiten nicht erhalten werden. Daher beleiben Weine, die für das Transvasierverfahren in der Flasche gären, nur wenige Monate (mondestens 60 Tage sind vorgeschrieben) in der Flasche. Es sind einfachere, frischere, weniger aussagekräftige Weine, die in der Flaschengärung ohne das «traditionell» erzeugt werden.
Unterschiede zwischen der Flaschengärung und dem Charmat-Verfahren
Während bei der Flaschengärung die zweite Gärung und anschließende Reifung direkt in der Flasche erfolgen, nutzt das Charmat-Verfahren große Drucktanks für diesen Prozess. Dadurch entsteht eine kürzere Reifezeit und ein fruchtbetonter Charakter, der sich für leichtere Schaumweine eignet. Im Gegensatz dazu ermöglicht die Flaschengärung eine lange Reifung auf der Hefe in der Flasche, wodurch komplexe Aromen und eine feine Struktur entstehen.
Reifung und Autolyse
Die traditionelle Flaschengärung umfasst eine Reifezeit, die mehrere Monate bis Jahre dauern kann. Während dieser Zeit findet die Autolyse statt, bei der Hefezellen abbauen und Aromen von Brioche, Nüssen und getrockneten Früchten freisetzen. Diese Reifung trägt maßgeblich zur Komplexität und Eleganz des Schaumweins bei.